Beim Versuch zu begreifen, wie die dekadenten Tendenzen in Deutschland sich herausgebildet haben, deren Dominanz 2020/21 nicht mehr übersehen werden kann, setze ich vereinfachend 1989 an.
Die deutsche Einheit, abstrakt betrachtet längst fällig und unbestreitbar, wurde auf eine Weise in der internationalen Politik herbeigeführt und dann im Innern durchgezogen, die viel Ungutem zum Durchbruch verholfen und die weitere Entwicklung vergiftet hat.
Die ” friedliche Revolution” von 1989 wurde in letzter Instanz nicht hervorgerufen und entschieden durch einen unwiderstehlichen Aufstand demokratischer Bürger der DDR (der zweifellos eine gewichtige Rolle spielte, den Trägern aber im weiteren auch viele unschöne Folgen eintrug), sondern vor allem durch geostrategische Manöver der USA.
Die deutsche Einheit und die Geostrategie der USA
Die Strategie der USA unter Reagan und Brzezinski zielte bereits zu Beginn der 80er Jahre mit wachsender Stringenz auf die Liquidierung der bis dahin zweiten Supermacht, der Sowjetunion, und auf die Beendigung der faktischen Zweiteilung der Welt; fortan wollten die USA der alleinige Welthegemon sein, und die europäische Situation war der entscheidende Raum des Umschwungs.
Die bisherige Supermachtstellung der SU hatte wesentlich beruht auf ihrer Herrschaft über einen Teil Deutschlands, über ganz Mittel- und Osteuropa; die wirtschaftliche Kraft der DDR, der Tschechoslowakei und anderen hatte einen großen Anteil daran, das marode werdende ökonomische russische System noch am Laufen zu halten, und der Warschauer Pakt ermöglichte der SU eine gigantische militärische Frontstellung gegenüber den USA und ihren Verbündeten.
Mit der deutschen Einheit stutzten die USA, mit der Hilfe von bestimmten Politikern der SU wie Gorbatschow, diese Herrschaftsansprüche der SU in Europa und zwangen den innerlich längst unhaltbar morsch gewordenen Staat danach innerhalb kurzer Zeit zur Selbstauflösung.
Das verbleibende Russland musste sich nicht nur auf eine verkleinerte östlichere Region zurückziehen, sondern hatte sich auch innerlich radikalkapitalistisch zu verwandeln. Hier wurde das Schlechte der SU-Vergangenheit konzentriert ganz nach oben gespült, vor allem die sog Oligarchen, und sie sollten dem US-Finanzkapital einen entscheidenden inneren Hebel in Russland liefern, was allerdings im Weiteren dank Putin nicht wirklich gelungen ist.
Die strategische Kontrolle über Eurasien, die Grundforderung der US-Geostrategen seit mehr als einem Jahrhundert, hängt aus deren Gesichtswinkel entscheidend ab von zwei Spaltungslinien, eine im Westen, eine im Osten.
Die im Westen soll verhindern, dass Europa, und das heißt wegen seiner zentralen Stellung und seiner Potentiale vor allem Deutschland, ein normaleres „nachbarschaftlicheres“ Verhältnis zu Russland entwickelt, Konfrontation abbaut und sich militärischer Gegnerschaft zu Russland widersetzt. In zwei Weltkriegen war es zuvor den USA gelungen, die gewaltigen Konfrontationen dieser beiden Länder politisch für sich auszunutzen und letztlich die Oberherrschaft über das westliche Europa zu ergattern.
Die Spaltungslinie im Osten soll eine tiefere Allianz Chinas mit Russland verhindern, welche vor allem angesichts des noch immer gewaltigen russischen Waffenparks die internationale militärische Dominanz der USA aushebeln könnte.
Den „Eurasien“-Interessen der USA entsprechend ist gerade die deutsche Entwicklung nach 1989 ein fortgesetztes heftiges, jedoch fast nie an die Oberfläche und ins allgemeine Bewusstsein tretendes Ringen gewesen, den deutschen Zuwachs an Potential, die deutschen Ansprüche auf selbständigere Politik und namentlich auf engere Anknüpfung mit Russland zu unterbinden.
Die DDR-Ökonomie plattmachen – eine Schande mit Nachwirkungen
Ein Schlüsselereignis der weiteren Entwicklung war die ökonomische Übernahme der DDR durch die BRD unter internationaler kapitalistischer Kontrolle 1990 ff. Sie entwickelte sich zu einem wüsten Schauspiel des Plattmachens, der kapitalistischen Gaunereien und der Erniedrigung der Bevölkerung, und in den westlichen Bundesländern wurden Billionen dem Wohlstand der Bevölkerung und der Verbesserung der Infrastrukturen entzogen, um den westlichen Konzernen, den Spekulanten und Opportunisten auf dem ehemaligen DDR-Gebiet das Leben zu versüßen. Das nannte sich „Soli“.
Diese Vorgänge haben entscheidend beigetragen, ungute Prinzipien, asoziale Strömungen und miese Individuen nach oben zu spülen – in Wirtschaft, Politik und Kultur.
Wie seitens der USA immer um die politische und mentale Inferiorität Deutschlands gekämpft wurde.
Der internationale, vor allem der westliche Druck, der Druck der USA auf das vereinigte Deutschland ist bis heute immer in enormer Härte aufrechterhalten worden.
Alle Kräfte, die eine selbständigere Außenpolitik, eine innere Konsolidierung und eine Reinigung von Ökonomie und Politik ins Auge zu fassen gewagt hatten, bekamen immer wieder sehr klar gezeigt, dass das für sie böse endet. Auch Ansprüche auf mehr internationales Gewicht wurden kupiert.
Ohne zu versuchen, hier Einzelheiten zu nennen, verweise ich auf die spektakulären Morde an Führungspersönlichkeiten wie Herrhausen und Rohwedder im unmittelbaren Zusammenhang mit der deutschen Einheit, und auf die Vereitelung aller Versuche (noch unter Kohl und Genscher), den Zerfall Jugoslawiens auf dem Balkan für eine Verstärkung deutscher Einflüsse dort zu nutzen. Stattdessen erkämpften sich die USA dort namentlich durch den Bosnienkrieg die Dominanz, machten Witze über die militärische Nulligkeit nicht nur Deutschlands, sondern des ganzen übrigen Europa, und zwangen dann Deutschland sogar zur Teilnahme an dem Angriffskrieg gegen Serbien 1999).
Schließlich ist zu nennen der ziemlich erfolgreiche Kampf vor allem der USA um immer mehr finanziellen, digitalkapitalistischen und kulturellen Einfluss gerade in Deutschland und in Europa überhaupt. Es geht um dauerhafte Inferiorität Deutschlands und Europas insgesamt gegenüber dem Kapitalismus und Imperialismus der USA.
Die Bedeutung des Kernenergie-Ausstiegs
Hier muss auch der Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie und der Errichtung eines Stromerzeugungssystems mittels sog. Erneuerbarer Energien erwähnt werden, der im Jahre 2000 von der Regierung Schröder (SPD) und Fischer (Grüne) auf der Grundlage jahrzehntelanger irrationaler und von den Supermächten geförderter Anti-Kernenergie-Kampagnen sowie im Einvernehmen mit den deutschen kapitalistischen Spitzenverbänden erlassen wurde.
Im Jahre 2021 stehen nun Deutschland und große weitere Teile Europas in beglückender Erwartung zunehmender blackouts und der entsprechenden weiteren Verwüstungen im gesellschaftlichen Leben dank des billionenschweren jahrzehntelangen Umrüstens auf die „Erneuerbaren“. Solche Tiefschläge würden sich passgenau zusammenfügen mit den durch die Coronapolitik vom Zaun gebrochenen gesellschaftlichen Schäden.
Zum Kern des Ausstiegsbeschlusses gehört die Eröffnung einer ungeahnten Flut von Profiten in die Taschen der großen Stromkonzerne, mit der ihnen der Widerstand gegen die Verschrottung desjenigen Teils ihrer Basis abgekauft wurde, der wissenschaftlich-technisch und ökonomisch der fortgeschrittenste war. Es wurde ihnen erlaubt, sich zu marktbeherrschenden Monopolen mit Extrempreisen zu formieren, was zuvor verpönt gewesen war und im Zeichen damals wachsender preissenkender europaweiter Konkurrenz eigentlich weniger als zuvor in die Landschaft passte; die sog. Liberalisierung des Strommarktes war damals ein wesentliches EU-Projekt gewesen und wurde nun von Deutschland konterkariert.
Ein weiterer Aspekt: Alle Garantiemächte der deutschen Einigung, den USA, Russlands sowie die zu den Weltkriegs-Siegermächten gezählten europäischen Konkurrenten Frankreich und Großbritannien, entwickelten die kernphysikalische Wissenschaft und die entsprechenden Technologien selbstverständlich weiter, Tschernobyl hin, Tschernobyl her, zu ökonomischen wie militärischen Zwecken, Deutschland aber musste darauf verzichten, obwohl es gerade in der zivilen Kerntechnik damals bereits an der Weltspitze angelangt war.
Der Verzicht Deutschlands auf Kernwaffen ist ausdrücklich im 2+4-Vertrag über die deutsche Einheit verankert; der Verzicht auf die wissenschaftliche Weiterentwicklung und die wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie war vermutlich in den Jahren vor 1989, als auf internationaler Ebene die deutsche Einheit bereits wesentlich vorverhandelt wurde, schon insgeheim den USA etc. konzediert worden.
Im Gefolge dieses Ausstiegsbeschlusses wurden erhebliche Teile der deutschen wissenschaftlichen Kompetenz und weltweit nachgefragter Technik liquidiert. Es hatte bspw. auch einige wichtige Länder der Dritten Welt gegeben, die sich von Deutschland avancierte Kerntechnik errichten lassen wollten, um damit auch die erniedrigende Abhängigkeit von den US-Ölmonopolen zu mindern. Das war bereits zuvor an rabiaten politischen Interventionen der USA etc. gescheitert.
Man unterschrieb in Gestalt des Ausstiegsbeschlusses auch die weitere politische Unterordnung unter die, die vor langer Zeit einmal Siegermächte gewesen waren, und zur Belohnung wurde das Land bzw. seine kapitalistische Klasse mit einer narkotisierenden, sedierenden Geldflut überschwemmt. Wenn ein solcher Vorgang nicht tiefe moralische Spuren hinterlässt, die weitere Käuflichkeiten vorbereiten, was sonst?
Nächster markanter Punkt in der Entwicklung: die Finanzkrise 2007 ff., die von den USA ausgelöst wurde und fast zu einem Bankrott des europäischen Bankensystems, des Euro und der europäischen Einheit als Ganzer geführt hätte, jedenfalls aber der Vorherrschaft des US-Finanzkapitalismus und des Finanzkapitalismus überhaupt im westlichen Laden diente – China allerdings verselbständigte sich in diesem Prozess umso mehr.
Mindestens ebenso bedeutend ist die zunehmende Kontrolle der digitalen Welt Europas durch das „Silicon Valley“, dem sich Unternehmen und bspw. auch die Alltagskultur der Jugend mittlerweile in einer Weise untergeordnet haben, dass es schon Mut erfordert, den autoritären Anmaßungen zu widersprechen, zumal die eigene Regierung mitspielt.
Wenn es eine dies alles durchziehende Melodie gäbe, würde sie in einer radikalkapitalistischen, „neoliberalen“ Tonart stehen und uns vorwiegend nach US-Rhythmen zappeln lassen, wie: ‚Geld ist alles‘; ‚für den Profit müssen soziale und moralische Ansprüche zurückstehen‘; ‚niemand kann sich dieser Macht widersetzen‘.
Wer ist Merkel?
Merkel ist eine Politikerin, die offenbar exemplarisch für die Übernahme einer Führungsrolle in dieser Oper geeignet war und das Vorbild für eine ganze degenerierte Politikergeneration in Ministerien und Parlamenten abgibt.
Sie hat sich bereits in der Kohlschen Endphase etablieren und später die Führung tatsächlich sehr dauerhaft übernehmen können, und das hätte sie nicht gedurft, wenn sie in dieses Weltbild, in diese vom nackten Geld und seinen Herrschaftsanmaßungen bestimmte weitere Umwandlung der Welt nicht besser hineinpassen würde als Andere. Ich sehe hier persönliche Züge wie Fatalismus und sozialen Nihilismus am Werk, Fügsamkeit gegenüber dem Herrschaftsanspruch des schnödesten brutalsten Kapitalismus der Geschichte.
Der US-amerikanische Kapitalismus hatte schon immer seine eigenen Vorstellungen über die gesellschaftlichen Aufgaben der Wirtschaft, über Erfolg, Glück und Moral; diese Vorstellungen unterscheiden sich erheblich von den meisten europäischen und entspringen bestimmten religiösen Traditionen, die in Europa niemals so dominant werden konnten wie auf der anderen Seite des Atlantik.
Ganz kurz und grob formuliert ist dort seit jeher typisch die Auffassung, der Sinn der Wirtschaft sei es, den Menschen so viel Geld einzubringen wie möglich, dementsprechend geht es darum, der größte Milliardär zu werden und alle anderen sollten ihm nacheifern statt ihn zu kritisieren.
Wenn Menschen nicht so erfolgreich sind, dann ist es ihre eigene Schuld und sie werden zu Recht für ihre individuelle Schwäche mit wirtschaftlichem Misserfolg bestraft. Wem das Leid der Armen Sorgen bereitet, der kann sich durch Fürsorge, durch Philanthropie seelisch entlasten; Gesellschaften aber, die etwa Systeme der sozialen Absicherung hervorbringen, hängen bloß Bleigewichte an die Fersen der eigentlichen Macher.
Leute, die angesichts der Kämpfe um das größte Geldvermögen zu unsauberen oder verbrecherischen Methoden greifen, sollte man nicht groß bekritteln, denn der Erfolg beweist letztlich, dass sie doch irgendwie die Richtigen sind; oder, wie das ursprünglich und teilweise bis heute gedacht wird: dass Gott sie erwählt hat.
Was man seit einigen Jahrzehnten als Neoliberalismus bezeichnet, ist in diesem Sinne nicht neu, es ist kulturelles Selbstverständnis der USA von Grund auf, genauer gesagt ihrer führenden Schichten, reicht aber bis hinunter zum kleinen Unternehmer und in tiefere soziale Schichten.
Die Gründer der britischen Kolonien in Nordamerika gehörten zur religiösen Richtung des Calvinismus, der im 16. Jahrhundert in Europa in Konkurrenz zu anderen reformatorischen Richtungen wie der lutherischen entstanden war und sich dann hauptsächlich in den Ländern stark entwickelte, die frühkapitalistisch, mit internationalem Handel, Kolonien, Piraterie und Sklavenwirtschaft sich an die Weltspitze kämpften. Das waren die Niederlande und England. Der Calvinismus begünstigte durch seine religiöse Doktrin der Prädestination ein besonders rücksichtsloses und amoralisches Gewinnstreben, indem die Gläubigen sich niemals ihrer späteren Akzeptanz im Jenseits sicher sein, aber durch Erfolg im – geschäftlichen – Alltag doch gewisse Indizien auf göttliche Erwählung sammeln konnten.
Diese Halsabschneider-Doktrin lässt sich mühelos gerade in der neoliberalen Neuzeit wiedererkennen mit ihrer Dominanz des Finanzkapitals, in der es um nichts geht als um die Herauspressung von noch mehr Geld aus dem gesamten gesellschaftlichen System. Wie einer der fettesten Exponenten – Blankfein von Goldman Sachs – 2009 mitten in der Finanzkrise sagte: Wir Banker tun Gottes Werk.
Jau.
Zwar ist es damals dem US-Finanzkapitalismus gelungen, Konkurrenten wie den europäischen fast niederzuwerfen, aber um den Preis, dass die extreme Misswirtschaft noch gesteigert wurde und heute selbst von Gott nicht mehr gerettet werden kann.
Was ich Merkel vorwerfe, ist ihre Unfähigkeit oder sogar ihr mangelnder Wille, sich dem entgegenzustellen und für andere, positivere, auch von besseren europäischen Traditionen inspirierte Gesellschaftsmodelle zu kämpfen. Es mag sein, dass staatsbürokratische, aus bestimmten DDR-Praktiken herrührende Neigungen ihre Mentalität mit prägen; viel treffender dürfte sie aber mit ihrer Fügsamkeit gegenüber dem Neoliberalismus, überhaupt gegenüber der Reduktion des gesellschaftlichen Denkens auf Geldflüsse, mit Affinität zum US-Denken beschrieben werden.
Sie ist für die entsprechende Umwandlung Deutschlands, das von seiner geschichtlichen Herkunft und seinen Strukturen her eigentlich einen ziemlich anderen Charakter hat und einen harten Brocken darstellt, besonders geeignet gewesen. Sie hat es bisher meist geschafft, die Öffentlichkeit mit gespielter Fürsorglichkeit „für alle“ und einem permanenten Herunterspielen politischer Widersprüche einzulullen, während sie hinter den Kulissen jeden gekonnt fertigmacht, der aus der Spur gehen könnte – das behaupten jedenfalls andere Beobachter.
Weder kenne ich Merkel persönlich noch habe ich Zugang zu Interna ihrer Entscheidungskriterien und Machtmechanismen – wie komme ich also dazu, mich mit einer derartigen aggressiven Charakteristik dieser Kanzlerin und ihres Systems zu exponieren?
Ich nehme das auf mich, weil ich meine, am Beispiel der Langzeitbeobachtung ihrer sog. Klimapolitik doch wesentliche Grundzüge aufzeigen zu können:
Bevor Corona kam, war der Klimaschutz 15 Jahre lang das ständige Mantra Merkels und einer tatsächlich alle Parteien und alle öffentlichen Meinungsmacher umspannenden Gefolgschaft gewesen.
Unter dem Merkelschen Klima-Mantra wurden bis heute keine nennenswerten Verbesserungen der Emissionsbilanzen Deutschlands erreicht, jedoch viele Hunderte von Milliarden Euro an Geldflüssen an kapitalistische Unternehmen für die Förderung des Systems „Erneuerbarer Energien“ generiert. Von diesen Unternehmen wären viele erst gar nicht entstanden und viele andere wurden am Leben gehalten, die sonst verschwunden oder geschrumpft wären nach den Gesetzen der von Merkel immer wieder zu Unrecht angerufenen „Marktwirtschaft“.
Es handelt sich mittlerweile viel eher um ein staatsbürokratisches Günstlings- und Klientelsystem, das seinerseits massiv zur Entwicklung von Dummheit, Käuflichkeit und wirtschaftlicher Inkompetenz beiträgt, die wir heute allenthalben beobachten können. Oberflachköpfe wie die AfD bezeichnen dergleichen als „links“, als „Sozialistische Planwirtschaft“. Es ist die Diktatur des ausgeuferten diktatorischen Finanzkapitalismus, stupid!
Es handelt sich bei den „Erneuerbaren“ im Grunde auch um ein permanentes Konjunkturprogramm für den deutschen Kapitalismus, das seiner seit langem wachsenden Investitions- und Ertragsschwäche künstlich entgegenwirken soll. Von irgendwelchen noch so kleinen Einflüssen auf die globale Klimaentwicklung kann überhaupt keine Rede sein, jedoch ist nach und nach außer vielen Windrädern auch eine umfangreiche Meinungsindustrie in Deutschland entstanden und finanziert worden, die das Gegenteil behauptet. Dass dem geglaubt wird, ist ein besonders markantes Zeichen für das Überhandnehmen politischer und gesellschaftlicher Ahnungslosigkeit.
Derjenige Teil der deutschen Ökonomie wie bspw. die noch immer zahlreichen „hidden champions“, die Mittelständler mit, sagen wir, 30 bis 10.000 Mitarbeitern, die einen großen Teil ihrer Erfolge auf den Weltmärkten erringen und sich weniger auf Begünstigungen durch den deutschen Staat stützen, gehören zu einem anderen Kapitel; ohne sie wäre der ökonomische Niedergang viel ausgeprägter.
Aber es ist nicht zu leugnen, dass andere Teile der Wirtschaft längst auf Stützen durch die Allgemeinheit angewiesen sind und ohne diese verschwinden würden, andere wiederum machen Riesenprofite nicht aufgrund von Leistung, sondern aufgrund ihrer gesetzlich erzwungenen Vorrangstellungen, wie die heutigen Stromkonzerne, die Netzbetreiber und zahlreiche weitere Firmen im Bereich der „Erneuerbaren Energien“.
Ein markantes Beispiel in der Zeitschiene: ein Konzern wie RWE war vor 2000 noch großenteils in kommunalem Besitz, er gehörte quasi zur öffentlichen Daseinsvorsorge und war unter politischer Kontrolle. Die Stromversorgung funktionierte ohne blackouts, die Preise waren nicht besonders kundenfreundlich, aber tragbar, wichtige technische Entwicklungen wurden hier finanziert. Heute sind RWE bzw. seine Nachfolger börsennotierte Spekulationsobjekte, für die nichts zählt als der kurzzeitige Profit und die Aufwertung an der Börse.
Dies ist exemplarisch eine Entwicklung, die im Jahre 2000 mit dem Ausstiegsbeschluss von SPD und Grünen in Gang gesetzt wurde, derselben Regierung, die dann 2002 die Hartz-Gesetze erließ und die Stellung der Arbeitnehmer drastisch verschlechterte, in Richtung Niedriglöhne und Prekariat, und den Finanzkapitalismus durch die Einführung der privaten Rente ausgeweitet hat.
Diese reaktionären Vorstöße sind von den Merkelschen Kabinetten seit 2005 konsequent fortgeführt worden.
Parallelen zeigen sich im politischen Personal. Persönlichkeiten mit Kultur und Rückgrat sind heute in den Parteien, den Parlamenten und den Bürokratien immer seltener zu finden. Die Parlamentarier sind meist auf ihre entsprechenden Einkünfte angewiesen und können, wenn sie der Mehrheit angehören, von den Parteileitungen in allen wichtigen Fragen zur Gewährung der Wünsche der Regierung erpresst werden. Von parlamentarischer Demokratie ist unter solchen Bedingungen kaum noch etwas übrig geblieben.
Das Bildungswesen, vor allem die Schulen, hat im allgemeinen in den letzten 20 Jahren schwere Qualitätsverluste hinnehmen müssen. Zwar ist es nicht in der direkten politischen und finanziellen Kompetenz der Bundesregierung, sondern der Bundesländer, aber dort regieren ja dieselben Parteien, die Großkoalitionäre CDU/CSU und SPD wie in Berlin. Ein politisches Klima des Kultur-Nihilismus, des Karrierismus und Opportunismus, wenn es von zentraler Stelle ausgeht, kann nicht ohne Folgen bleiben im Gesamtsystem, das gilt auch in der Bildung.
Der Grad an Unbildung und Unwissenheit, der mittlerweile den Durchschnitt der Schulabsolventen und vieler Studis kennzeichnet, ist eine wichtige Voraussetzung für politische Anpassung und Wehrlosigkeit.
Man darf allerdings nicht vergessen, wie bereits seit den 70er Jahren zunächst insbesondere die SPD und die Grünen der Kulturlosigkeit im Bildungswesen Breschen geschlagen haben.
Ministerien haben inzwischen zwar ein gewachsenes, aber offenbar derart inkompetent gewordenes Personal, dass für viele wichtige Aufgaben „externe Berater“ herangezogen werden. Diese „Berater“ sind in der Regel Firmen und Thinktanks, die nichts weiter zu bieten haben als noch asozialere, kulturlosere, die Milliardärsinteressen fördernde Programme, man nehme nur Bertelsmann oder die großen US-basierten Unternehmensberatungen, von denen gar nichts anderes erwartet werden kann. Vielleicht gibt es ja doch noch fähige Leute in der Ministeriumsbürokratie, dann werden sie eben ins Abseits gestellt, indem die Chefs ihnen die externen Berater vorziehen.
In der Außenpolitik hat Merkel manchmal auch das Richtige gemacht
Zum Überblick über die politischen Entwicklungslinien in den 15 Jahren Merkelscher Kanzlerschaft gehören allerdings auch einige außenpolitische Verdienste. Unter ihrer Führung wurde in den Jahren nach 2008 die Einheit Europas immerhin, wenn auch unter teilweise miserablen Bedingungen wie in Griechenland, bewahrt (fragt man sich in Griechenland eigentlich auch, wie die innere Entwicklung verlaufen wäre, wenn das Land ausgeschieden oder die EU sogar zerbrochen wäre?).
Deutschland nahm nicht an dem verbrecherischen Angriff der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Libyen teil und hielt sich einigermaßen abseits des noch größeren Verbrechens in Syrien. Merkels oft angegriffene Politik der Aufnahme von weit mehr als einer Million Migranten im Jahre 2015 halte ich persönlich noch immer für einen klugen Zug, weil damit – verkürzt gesagt – der Einfluss und ein eher friedliches, humaneres Image der EU in ihrem unmittelbaren Nachbarraum des Vorderen und Mittleren Ostens gestärkt wurden.
Andererseits bedeutet Merkels nihilistische, prokapitalistische und nichts als das Geld anerkennende Innenpolitik in Deutschland und mittelbar der ganzen EU wiederum innere Schwächung, Dekadenz als Grundzug.
Mit ihrer bis jetzt erkennbaren völligen Ein- und Unterordnung unter den radikalkapitalistischen, autoritären Umsturz europäischer gesellschaftlicher Werte, soweit noch vorhanden, im Sinne einer Globaldiktatur unter Führung des US-Finanzkapitalismus, des Great Reset, treibt Merkel den Ruin von Freiheit und sozialer Sicherheit auf die Spitze. Jeder weitere Tag ihrer Kanzlerschaft ist längst einer zuviel.
[Der Beitrag wurde heute, 24.01.21, mit einem längeren Abschnitt über typische Merkmale des US-Kapitalismus und seine Bedeutung für die Merkelsche Politik ergänzt.]
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