„Totalitärer“ IT-gestützter Daten-Kapitalismus in China und den USA – und was geschieht in Europa?

Scharfe Kritik an der Entmündigung der Bürger, wie sie in China mittels IT-gestützter Überwachung und Gängelung angestrebt und bereits praktiziert wird, und an der wesensgleichen Totalerfassung, wie sie durch die Stars des  Silicon Valley, Google, Facebook etc. angestrebt und bereits praktiziert wird. Zu finden in einem Artikel der „FAZ“ über Forderungen des Bremer IT-Unternehmers Peter Ganten.

Ganten entwirft gegenüber dem FAZ-Redakteur Carsten Knop einen europäischen anderen Weg der Digitalisierung, der den Nutzern der digitalen Dienste die Souveränität über ihre Daten sichern soll. Er deutet an, dass ein derartiges System auf die Dauer sogar zu einer – gesellschaftlich und technisch gesehen – besseren Entwicklung der KI führen könnte.

Ganten spricht von einer „chinesisch-kalifornische(n) Ethik einer automatisierten Steuerung der Menschen“  und führt den  „Lieblings-Philosoph(en)  des Silicon Valleys, Yuval Noah Harari“ an, der das Ende des Zeitalters ankündige, in dem man an so etwas wie einen freien Willen des Menschen geglaubt habe – denn jetzt  könnten die Silos Künstlicher Intelligenz in China und Kalifornien so viele Daten über jeden Menschen, sein Verhalten und seine Bedürfnisse sammeln, dass es ihren Algorithmen bald gelingen werde, die Menschen besser zu verstehen, als sie es selbst könnten.

(Das ist Schwachsinn vom Prinzip her. Einfachster Einwand – aber keineswegs der einzige: die obersten Profiteure eines derartigen Systems, bspw. die Bosse von Google etc oder die entsprechenden chinesischen Multimilliardäre denken nicht daran, sich selbst von Maschinen lenken zu lassen, die ihnen beibringen müssten, wie sie sich selbst zu verstehen und zu verhalten hätten. Sie treiben die Unterdrückung großer Teile der Menschheit doch gerade, um für ihre Personen und ihre Klasse noch mehr Freiheit sich anzueignen.)

Aus meiner Sicht ist es anzuerkennen, dass Ganten kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn er die US-Unternehmen in eine Reihe mit den – in der hierzulande heute üblichen Sprache – „totalitären“ Anstrengungen des heutigen chinesischen Staates stellt. Diese Parallele liegt auf der Hand, und seit einer Reihe von Jahren  kann man aus Büchern und anderen Medien dazu einiges erfahren. Ich habe in meinen Beiträgen zu dieser Thematik diese Parallele auch immer angesprochen.

Vielleicht ist eine weitergehende Frage an Gantens Ansichten zu knüpfen:

Wenn die Vormacht der sog. „Demokratie“, die USA, einen derart radikalen Entmündigungskurs fährt, was sagt das über Grundtendenzen des heutigen Kapitalismus aus? Immerhin sind die großen Silicon-Valley-Unternehmen (und was da noch so alles dranhängt)  die Spitze des heutigen US-Kapitalismus, und sie sind – das sagt Ganten anscheinend nicht – mit dem US-Staatsapparat, mit seinen Spionage- und Militärbürokratien eng verbunden. Die staatliche Verbindung, die im Falle China so ins Auge fällt, ist auch in den USA gegeben, wenn auch nicht in Form einer zentralistischen Alleinpartei wie in China.

Grundsätzlich stimmt es auch, dass eine weniger gängelnde, zensierende und entmündigende Gesellschaft, als sie in China und USA jetzt immer greifbarer wird, auch die lebendigere, kreativere und somit letztlich auch ökonomisch leistungsfähigere ist. Das sollte in der EU sich durchsetzen – woran angesichts der kapitalistischen Hörigkeit und mentalen Degeneration in Politik und Kultur aber auch ernste Zweifel angebracht sind. Es sollte sich auch in den USA und in China durchsetzen. Auch diese Gesellschaften sind nicht unter allen Umständen totalitär durchstrukturierbar, sondern entwickeln demokratische Kritik. Eine europäische Hochnäsigkeit ihnen gegenüber wäre nicht am Platze.

 

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