Am 7.5.2012 meldeten FAZ-net und am 11.5. der „Guardian“, daß eine angebliche anarchistische Gruppe „Olga“ den Ingenieur und Manager Adinolfi ins Bein geschossen habe. Adinolfi wird in einem angeblichen Bekennerschreiben, das der „Guardian“ im Faksimile veröffentlicht, beschuldigt gesagt zu haben:
„In Japan waren mehr als zehntausend Tote zu verzeichnen, aber bis jetzt ist kein einziger den nuklearen Unglücksfällen zuzuschreiben.“
„Die Auswirkungen der Kernenergie auf die Umwelt sind begrenzt in Anbetracht der Tatsache, daß sie kein CO2 produziert.“ [meine Übs., wgr.]
Das eigene terroristische Handeln begründen die Täter eingangs prinzipiell mit einem sehr direkten, radikal wissenschafts- und kulturfeindlichen Zitat des Michail Bakunin:
„Das Regime der Wissenschaft und der Männer der Wissenschaft kann nur impotent, lächerlich, unmenschlich, grausam, unterdrückerisch, ausbeuterisch, schädlich sein. Man kann über die Männer der Wissenschaft als solche dasselbe sagen wie über die Theologen und Metaphysiker: sie haben weder Empfindung noch Herz für die individuellen Lebewesen. Als Männer der Wissenschaft können sie Interesse nur an Verallgemeinerungen, an absoluten Gesetzen haben.“ (Bakunin war Ideologe der russischen Unterentwicklung des 19. Jahrhunderts und Agent der barbarischen Knuten- und Galgenherrschaft des russischen Zarismus, wie das bereits zu seinen Lebzeiten von Marx und Engels aufgedeckt wurde. Sein Anarchismus als sog. Freiheitslehre hat die rückständigste Despotie zum Kern.
Man könnte auch fragen: was brauchen wir noch Salafisten, wenn wir solche Anarchisten haben?
Das Zitat habe ich aus der italienischen Fassung des sog. Bekennerschreibens im „Guardian“ übersetzt, wgr.)
Die langatmigen melodramatischen Ausführungen der angeblichen Anarchistengruppe sind sicher weniger interessant als die politische Tatsache, daß nun erneut terroristische Aktivität gegen herausragende Vertreter der Entwicklung der Kernenergie zumindest angedeutet, als Drohung auch gegen hochgestellte Vertreter des Kapitalismus in den Raum gestellt wird, und zwar in Europa.
Für die weitere Entwicklung des Kontinents ist die Frage die Energieversorgung überhaupt und im engeren Sinne die der Entwicklung oder Schleifung der Kernenergie, der modernsten, umweltschonendsten, preisgünstigsten und wissenschaftlich elegantesten Form der Energieproduktion bekanntlich eine zentrale und heftigst umkämpfte Frage. Die Kernenergie kann auch als ein ökonomischer Eckpfeiler nationaler Unabhängigkeit eine große Rolle spielen. Man muß davon ausgehen, daß im internationalen Kapitalismus es bedeutende Fraktionen gibt, denen vor allem die Nachhaltigkeit des Profit- und Ausbeutungssystems am Herzen liegt und die es besser garantiert sehen, wenn eine grundsätzliche Wende zu einem sog. grünen Kapitalismus vollzogen werde. (Ich habe in früheren Beiträgen auf diesem Blog meine Ansichten hierzu ausführlicher versucht darzulegen, s. z.B. https://www.waltergrobe.de/2011/07/10/der-ruin-deutschlands-%E2%80%93-system-und-ziel/,
https://www.waltergrobe.de/2010/10/05/okoschrott/)
Eine herausragende Vertreterin dieser Richtung ist Merkel. Im führenden Kreisen des deutschen Banken- und Industriemanagements ist diese Richtung längst tief verankert, daher kann Merkel solche Manöver wie die Schnellabschaltungen vom März 2011 mehr oder weniger unangefochten und von sämtlichen Medien unterstützt durchziehen.
Außerdem arbeiten die USA – und auch andere Mächte – untergründig an der energiepolitischen und technologischen Kastration des Konkurrenten Europa, nicht nur auf dem Feld der Kernenergie, aber durchaus mit Schwerpunkt darauf, und bedienen sich dabei seit langem aller möglichen Mittel der Beeinflussung über die Medien, der politischen Beziehungen und auch des Terrorismus. Hier kann exemplarisch der Fall des Mordes an dem Nuklearphysiker und Manager Karl Heinz Beckurts durch die geheimdienstlich bestens vernetzte sog. RAF im Jahre 1986 genannt werden.
Nachdem mittlerweile in Deutschland in sämtlichen Parteien einschl. der außerparlamentarischen Rechten und Nazis die Anti-Kernenergiepolitik fest eingegraben ist, stellen sich die verbleibenden Staaten und Firmen der Nukleartechnik in Europa als nächst zu zermürbende Ziele der Anti-Kernenergie-Fraktionen der internationalen Bourgeoisie dar. Frankreich als bisher noch herausragender Repräsentant der nuklearen Stromerzeugung und der nationalen Unabhängigkeit auf dem Gebiet der Energieerzeugung wird in der nächsten Zeit, das kann man mit großer Sicherheit voraussagen, harten politischen Tests seiner Beständigkeit unterzogen werden, wobei die neue Regierung Hollande ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor sein dürfte.
Wie aus den Meldungen über das Attentat auf Adinolfi hervorgeht, ist bisher die Kernenergie auch in Italien noch keineswegs tot, obwohl Kernkraftwerke in Italien selbst quasi untersagt sind; die Firma Ansaldo Nucleare ist offenbar an der internationalen Weiterentwicklung der Kerntechnik, an Bauten in Rumänien etc. beteiligt.
Wenn solche lächerlichen kapitalismuskritisch tönenden Pimpfe wie die angebliche Anarchistengruppe Olga nun von den Medien als Urheber von Attentaten und weiteren Drohungen genannt werden, sollte man wissen, daß es in Wirklichkeit Strömungen auf den obersten Etagen des internationalen Kapitalismus sind, aus denen solche Machenschaften hervorgehen.