Das angekündigte Treffen zwischen Trump und Putin führt zu ernsten Befürchtungen in Europa

In zwei Wochen werden sich Trump und Putin in Helsinki treffen, und europäische Regierungen haben offenbar Anlass, von diesem Treffen enorme Probleme für die europäische Sicherheit zu erwarten – auf die sie nicht vorbereitet sind.

Die „FAZ“ hat hierzu bisher keine eigene Analyse und beschränkt sich fürs erste auf die Wiedergabe von Behauptungen der britischen „Times“, die wiederum „anonyme Regierungsquellen“ anführt, d.h. Leute aus der Regierung May.

Wenn auch eine derartige Zitiererei ohne klare Verantwortlichkeiten mit großer Vorsicht zu benutzen ist, zeichnen sich doch in dem Artikel der „FAZ“ bzw. der „Times“ mögliche Verhandlungsgegenstände zwischen Trump und Putin ab, die in der Tat auch unabhängig von dem, was „Times“ und „FAZ“ schreiben, schon länger in der Luft liegen – seitdem die USA unter Trump neue geostrategische Prinzipien und unerwartete Manöver erkennen lassen.

Ich habe schon mehrfach die Ansicht vertreten, dass die USA unter der Trump-Regierung in der zunehmenden Rivalität  mit China um die Hegemonie im Weltkapitalismus versuchen werden, Russland von einer möglichen strategischen Allianz mit China abzubringen und daher vieles unternehmen werden, um Russland Vorteile zu versprechen und zu verschaffen, falls es den Wünschen der USA mehr Entgegenkommen zeigen würde.

Russland mit seinem riesigen Territorium, das großenteils nur schwach besiedelt und ökonomisch kaum erschlossen ist, mit seinen nur etwa 150 Millionen Einwohnern ist im Vergleich mit den USA, mit China und auch mit der EU ein politischer Zwerg, der nur durch seinen enormen militärischen Apparat  vor allem auf dem Gebiet der nuklearen Raketen und der Atomsprengköpfe weltpolitisch etwas auftrumpfen kann. Sollte dieses Russland sich militärstrategisch mit China fester zusammenschließen, dann hätten die USA in einem möglichen großen militärischen Konflikt mit China es mit einem doppelten Gegner zu tun, der dann nicht nur von der industriellen Kraft, von der Bevölkerungsmasse und der Landmasse her, sondern auch von einer immer noch annähernd ebenbürtigen atomaren Potenz her kaum zu bezwingen wäre.

Die Obama-Administration hatte wohl versucht, einem solchen Szenario auszuweichen. Ich vermute, dass sie die alte internationale Konstellation hatte irgendwie verlängern wollen, die sie aus dem Zusammenbruch der alten Sowjetunion und der zunächst extremen internationalen ökonomischen Abhängigkeit des heraufkommenden chinesischen Kapitalismus ererbt hatte. In dieser Konstellation hatten die USA, solange China noch zu keiner offenen Herausforderung der Welthegemonie der USA fähig war, noch die Stellung der Spinne im Netz, die alles und jeden gegeneinander ausspielen konnte.

Diese Zeiten sind vorbei, seitdem die ökonomische Potenz Chinas sich in ein offen bekundetes Streben umgemünzt hat, die USA von ihrer bisherigen Position zu verdrängen und mit einer zunehmend ebenbürtigen militärischen Hochrüstung sowie dem Hereinziehen  zahlreicher Länder weltweit in die Abhängigkeit von China oder zumindest in diplomatische Allianzen den USA den Boden ihrer bisherigen Hegemonie zu entziehen.

Trump unterscheidet sich von  Obama  mE vor allem eben in dem Punkt, die Potenz dieser Herausforderung erkannt zu haben und nicht nur eine weitere Perfektionierung des militärischen Apparats anzustreben (die selbstverständlich auch unter Friedensfürst Obama stets in Gang war), sondern gerade auch mittels neuartiger weltweiter Allianzen China zu kontern. Der Versuch, Korea mit dem Versprechen der Wiedervereinigung aus den chinesischen Abhängigkeiten herauszumanövrieren, den USA dort eine viel stärkere Stellung gegenüber China zu verschaffen, als sie die in Südkorea allein haben konnten, ist ein Beispiel. Nun scheint die Annäherung Russlands an die USA bzw. an Trumps Vorstellungen als ein zentraler Punkt der USA-Diplomatie sich herauszukristallisieren, und das Treffen in Helsinki am 16. Juli soll wohl  in Trumps Planung dieser Annäherung einen Durchbruch verschaffen. Ob und wie weit Russland dem entgegenkommen wird, muss sich zeigen.

Jedenfalls haben die europäischen Regierungen, die zumeist in der EU zusammengeschlossen sind, allen Grund zu befürchten, dass bei dem Treffen seitens der USA Putin freiere Hand auch gegenüber europäischen Interessen versprochen werden könnte. Befriedung des Ukraine-Konflikts in dem Sinne, dass die USA abrücken könnten von ihrer bisherigen Politik, eine aggressive Front in der Ukraine gegenüber Russland aufzubauen; Abrücken von dem Insistieren in der Krim-Frage; vielleicht sogar eine freiere Hand Russlands gegenüber den baltischen Staaten durch einen Rückzug der USA aus den NATO-Kräften an der europäischen Ostgrenze – dergleichen wird möglicherweise, lt. der „Times“, Gegenstand der Gespräche Trump-Putin. Das Frechste wäre es (wenn man das ernst nimmt, was die „Times“ unkt), wenn die USA Polen anbieten würden, angesichts einer völligen oder relativen Freigabe der baltischen Staaten für russische Interessen, eine eigene, von der NATO unabhängige Militärpräsenz in Polen aufzubauen, um Polen „Sicherheit“ vor weitergehenden russischen Aggressionen zu versprechen. Dergleichen wäre das formelle Ende der NATO und das faktische Ende der EU, jedenfalls soweit sie Polen und die baltischen Staaten umfasst, denn die EU kann aus eigener Kraft, ohne in einer NATO sich auf die US-Militärpotenz stützen zu können, kaum etwas militärisch gegen ein Russland aufbieten, das mit stillschweigender Duldung der USA in Osteuropa vorgehen könnte. Die EU wäre als politisch hohl und kraftlos erledigt.

Sollten in etwa derartige Verschiebungen tatsächlich in dem Katalog der Konzessionen figurieren, die die USA jetzt Russland andeuten könnten, um es von einer militärstrategischen Allianz mit China wegzuziehen, dann müssten alle EU-Beteiligten sich Einiges einfallen lassen. Bis eigene europäische militärische Potenz aufgebaut wäre, die die EU politisch ins Gewicht werfen könnte, werden noch mindestens ein paar Jahre benötigt, wenn nicht länger, wenn dies überhaupt politisch durchgesetzt werden kann.

So weit sieht es für die EU nicht gut aus. An Manövern, die EU zu schwächen und eventuell zu sprengen, wird es seitens der USA nicht fehlen. Die USA könnten bspw. Russland geradezu einladen oder hintenherum anstacheln, gegen die Integrität der EU mit irgendwelchen Aggressionsakten vorzugehen, um deren Machtlosigkeit zu demonstrieren und  ihren Zerfall zu provozieren. Auch könnte es in Russland selbst aufgrund innerer Kämpfe um die Fortdauer des putinistischen oligarchischen Systems zu Momenten kommen, wo man einen kriegerischen chauvinistischen Ausgriff nach Westen zwecks innerer Stabilisierung ins Auge fassen würde –  wie das eben für kapitalistische Mächte immer wieder einmal als vorteilhaft erscheint.

Andererseits ist es für Russland hochgradig unattraktiv, es sich mit der EU grundlegend zu verderben oder gar die EU zu zerstören. Zwar ist es für das Regime in Russland nicht unbedingt vorteilhaft, neben sich eine stärker und einheitlicher werdende EU aufkommen zu sehen, die zumindest ökonomisch auch in Russland immer größeren Einfluss hätte und auf die eigene Bevölkerung Einflüsse ausübt, die der Stabilität des Regimes nicht unbedingt zuträglich sind. Daher gibt es genug Bekundungen von russischer Seite, eine geschwächte oder gar gespaltene EU vorzuziehen. Aber es gibt auch massive entgegenstehende Interessen, nicht nur am weiteren möglichst umfangreichen Verkauf von Bodenschätzen an prosperierende EU-Länder oder am Partizipieren an europäischem Kapital und know-how. Russland gehört darüber hinaus  in mancher tiefgehenden Beziehung zu Europa, obwohl es geografisch und kulturell auch eine asiatische Dimension hat; aber die europäische kulturelle und ökonomische Zusammengehörigkeit ist ungleich wichtiger.

Die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat zweimal eine verheerende militärische Konfrontation Deutschlands mit Russland gezeitigt, die eine bereits 1914-1918, die andere, noch viel grundsätzlicher und verheerender für beide Seiten, 1941-1945. Beide Konfrontationen dienten keineswegs nur den Machtkalkülen der jeweiligen Staatsführungen auf deutscher und russischer Seite, sondern sie dienten den Interessen der damaligen wirklichen Weltmächte, zuerst Großbritanniens und später der USA, an der fundamentalen Spaltung des eurasischen Kontinents. Wäre es im 20. Jahrhundert statt zu den zwei großen Konfrontationen zwischen Deutschland und Russland zu einem Zusammengehen gekommen, dann wäre die Weltmachtstellung der Briten anfangs des 20. Jahrhunderts wesentlich eingeschränkt, wenn nicht sogar schon zerstört worden, und später wäre die Hegemonie der USA gar nicht erst zustande gekommen. Letztere hatte die Verfestigung der Rächer-Rolle Russlands gegenüber Deutschland und damit die Konfrontation an der europäischen Kalte-Kriegs-Grenze zur wesentlichsten Grundlage, abgesehen von den Verhältnissen im ostasiatisch-pazifischen Raum.

Von dieser grundlegenden Konstellation des 20. Jahrhunderts her ist es sicher nicht verkehrt, bei den Briten und später vor allem bei den USA ein ständiges Schüren der Konfrontation innerhalb Europas, d.h. vor allem zwischen Deutschland und Russland zu argwöhnen. Es scheint im 21. Jh. ähnlich weiterzugehen.

 

Man sollte allerdings nun davon ausgehen, dass in Russland die Gefahren zumindest teilweise gesehen werden, die sich aus einer zu engen Anlehnung an China sowohl in militärisch-strategischer Hinsicht wie auch hinsichtlich einer Eingliederung in das chinesische „Eurasia“-Konzept ergeben. Ähnlich gefahrvoll könnte sich eine Kumpanei mit den USA bei Plänen zur Zerrüttung und Zerstörung der EU erweisen. Die potentielle Aggressivität der USA gegenüber Europa darf nicht unterschätzt werden, und ich halte einen Trump bzw. seine politische Gruppe nicht nur für geschichts- und kulturlos genug, um hier Hand anzulegen, sondern habe auch im Auge, dass für die USA bis auf weiteres noch immer gegenüber China auch die gegenteilige Option besteht, nämlich nicht, oder zumindest zunächst nicht,  einen Entscheidungskampf um die hegemoniale Stellung auszutragen, sondern sich mit dem Rivalen zu verbünden, um gemeinsam andere bluten zu lassen. Diese Anderen wären dann vorrangig Europäer.

Die Frage, warum in den USA, verkörpert in Trump und seinen Leuten, sich eine derartige Feindseligkeit und auch potentielle Aggressivität gegenüber der europäischen Entwicklung, insbesondere dem Zusammenstreben in der EU zeigt, woher diese Verachtung, dieser Hass rühren, ist sicher sehr komplex. Ich kann mich hier nicht dazu äußern, weil das noch analysiert werden muss. Die Tatsache als solche lässt sich allerdings kaum übersehen.

Wenn Russland sich zu sehr China angliedert, verliert es auf die Dauer die staatliche Selbständigkeit, wenn es sich zu sehr den USA ausliefert, verliert es die Kraftquellen, die es aus einer engeren Verbindung mit Europa gewinnen könnte, und riskiert gleichfalls die eigene relativ eigenständige staatliche Existenz.

Wenn die Europäer es jetzt nicht verstehen, eine zu starke Hereinziehung Russlands in die Intrigen der USA zu kontern mit eigenen politischen Angeboten an Russland und stabilere, von den USA und ihrer Militärmacht unabhängigere Beziehungen mit Russland aufzubauen, müssen sie der grundsätzlichen Abwertung des gesamten Projekts Europa bzw. EU entgegensehen. Ich halte dieses Projekt jedoch historisch für berechtigt und notwendig, auch wenn die inneren kapitalistischen Strukturen nicht viel anders oder besser sind als die der USA, Chinas oder auch Russlands, und auch wenn die Beteiligung des europäischen Kapitalismus an der internationalen Ausbeutung kaum hinter der der USA zurücksteht.  Berechtigt ist es u.a. deswegen, weil der europäische Zusammenschluss wesentlich defensiv ist gegenüber den Stürmen und Verwüstungen, die aus einer Rivalität wie zwischen den USA und China zu entstehen drohen; und auch weil die europäische Kultur, die bisher keineswegs nur Kolonialismus, sondern wesentlichste Beiträge zum Fortschritt der gesamten Menschheit hervorgebracht hat, erhalten und weiterentwickelt werden muss.

 

Ich habe bis jetzt nur sehr undifferenziert bestimmte Ja-Nein-Alternativen geschildert und bin mir bewusst, dass in der Politik in Wirklichkeit meist alle möglichen Dinge gemixt und verknüpft werden, dass es meist von Kompromiss zu Kompromiss irgendwie weitergeht. Außerdem gibt es nicht nur die USA, China, Russland und die EU als Kraftzentren der heutigen internationalen Politik, sondern es müssen auch solche wie Indien, Japan und zahllose mittlere Mächte berücksichtigt werden, die das Ganze noch viel komplexer machen.

 

Wie welche Interessen der USA und Russlands bei dem anstehenden Treffen Trump-Putin verknüpft und wie weit sie in Realität umgesetzt werden können, ist nicht vorhersehbar; aber die oben geschilderten Alternativen werden mE bestimmt eine Rolle, wahrscheinlich eine sehr große Rolle spielen.

 

 

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Ich verspreche jede sachlich irgendwie relevante Zuschrift dann im Anhang zu dem betr. Beitrag zu veröffentlichen, auch wenn sie mit meinen Ansichten garnicht übereinstimmen kann.

 

 

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Gesichtspunkte zur Frage USA-Korea. Trumps Initiative und China

Kurz vor dem Treffen des nordkoreanischen Chefs Kim Jong-un mit dem US-Präsidenten Trump in Singapur möchte ich doch rasch noch versuchen, ein paar politische Gesichtspunkte zu formulieren, die mE bei der Analyse der Trumpschen Initiative und der möglichen Ergebnisse des Treffens hilfreich sein könnten.

Die USA sind in den letzten Jahren im westpazifischen Raum durch China enorm herausgefordert worden und dürfen sicher sein, dass der chinesische Druck weiter anwachsen wird. Trump versucht nun demgegenüber eine strategische Neu-Balancierung der regionalen Allianzen zugunsten der USA, derzeit vor allem indem er die Koreafrage in die Hand nimmt. Anscheinend will er den Koreanern eine deutliche Wiederannäherung der beiden Teile, in der Perspektive sogar die Wiedervereinigung versprechen und sie damit beide stärker an die USA heranführen, zum Schaden vor allem des Einflusses Chinas in Nord-, aber auch in Südkorea.

 

Es ist nicht schwer zu verstehen, dass große Teile der koreanischen Nation in Süd und Nord nun erstmals seit so vielen Jahren eine  reale Chance zu sehen meinen, die grausame Trennung von nunmehr 65 Jahren überwinden zu können. Der südkoreanische Präsident Moon jedenfalls scheint sehr aktiv mitzuwirken an einer direkten Annäherung  zwischen Süd und Nord, und bis jetzt sieht er wohl Trumps Willen, die bisherige Gleichgewichtslage zwischen USA, China, Russland und anderen in der Region und insbesondere in der Koreafrage aufzubrechen, als eine Chance für Wünsche seiner Bevölkerung,  zumindest des südkoreanischen Kapitals.

Wenn ich mir hier erlaube, eine Formulierung wie „die bisherige Gleichgewichtslage“ zu gebrauchen, dann muss ich zumindest kurz erläutern, was ich damit meine.

Korea wurde im Ausgang des 2. Weltkriegs zwischen den beiden Haupt-Siegermächten in Ost und West, den USA und der Sowjetunion, geteilt. Bekanntlich wurde ja auch in Europa zwischen ihnen (Großbritannien war als kleinere Mit-Siegermacht beteiligt) eine Teilung der Einfluss-Sphären, und im Falle Deutschlands eine regelrechte harte Aufteilung vereinbart; ein ähnliches Schicksal verhängten sie über Korea, obwohl dieses eine ganz andere Stellung einnahm als Deutschland, das unter der Nazidiktatur in Europa mit verschiedenen Aggressionen den großen Krieg maßgeblich heraufbeschworen hatte – Korea war Kolonie des japanischen Imperialismus gewesen, am Krieg in Ostasien völlig unschuldig, und es hätte von der Niederlage, die dem japanischen Imperialismus durch die USA und die Sowjetunion zugefügt worden war, mit Recht eine Restituierung seiner nationalen Souveränität erwarten dürfen. Die koreanischen Kommunisten unter Kim Il-sung und andere koreanische Nationalisten hatten selbst im Kampf gegen die japanische Kolonialmacht viele Opfer gebracht.

Stattdessen musste Korea eine Teilung hinnehmen, die den Machtbereich der „Partei der Werktätigen“ unter Kim Il-sung, die den Hauptteil des antikolonialen Widerstandes gegen den japanischen Kolonialherren geleistet hatte, auf den Norden beschränkte und dem Süden unter US-Schutz eine Restauration der Macht der reaktionärsten und wirtschaftlich rückständigsten Großgrundbesitzer aufdrückte.

Die Partei Kim Il-sungs wurde 1950 bei  ihrem Versuch, die Teilung durch militärischen Einmarsch in den Süden rückgängig zu machen, von erheblichen Teilen des Volkes im Süden unterstützt, und die USA mussten enorme militärische Macht und wüsten Terror gegen die Aufständischen in  Süd und Nord aufwenden, um das Blatt zu wenden. Korea wurde zerbombt wie zuvor nicht einmal Deutschland.

Die Sowjetunion konnte aufgrund ihrer Nachkriegsverpflichtungen gegenüber den USA und der Existenzbedrohung, die ein Krieg gegen die USA über sie heraufbeschworen hätte, nicht  eingreifen und musste sich auf Friedensmahnungen beschränken; statt ihrer sprang China unter Mao Zedong in die Bresche und rettete mit dem Einsatz hunderttausender eigener Soldaten auf koreanischer Seite wenigstens dem Norden eine von den USA unabhängige staatliche Existenz.

Die Konstellation beim Waffenstillstand 1953 hat formell bis heute Bestand, allerdings hat sich das gesamte internationale Gefüge, in das die koreanische Teilung eingeschrieben wurde, seitdem mehrfach erheblich verändert. Die Sowjetunion und China waren zunächst  die Hauptgaranten der Existenz des formell sozialistischen Nordstaates gewesen; die SU existiert nun aber bereits seit 1991 nicht mehr, nur eine von einem Putin geleitete kapitalistische Oligarchenrepublik mit einem militärischen Wasserkopf, aber schwachem ökonomischem Unterbau ist noch auf Teilen des früheren Territoriums der SU festzustellen. China hat sich vom Sozialismus losgesagt und ist unter einem entfesselten Kapitalismus mit scheinbar unbegrenztem ökonomischem Potential nicht so sehr zum wirtschaftlichen, sondern zum politisch-militärischen Herausforderer der USA im Weltmaßstabe geworden. Alle ostasiatischen Staaten stehen vor der Wahl, sich China anzunähern und nach und nach in dessen wachsenden Imperium aufzugehen, oder in irgendeiner Weise sich dem zu entziehen.

In den letzten Jahrzehnten stützte sich Nordkorea, ein Winzling nach Bevölkerungsmasse und ökonomischer Potenz, bei der Behauptung seiner relativen Unabhängigkeit und seinem in der Tat ungewöhnlich kecken militärischen Auftreten gegenüber den USA sowie deren Verbündeten Südkorea und Japan vor allem darauf, dass alle größeren Beteiligten, China, Russland und auch die USA selber,  Nordkorea als den Joker Ostasiens gegenüber den jeweiligen Konkurrenten auszuspielen wussten.

Die nordkoreanische Führung hat es bisher geschafft, sich Jahrzehnte lang, durch die Ausnutzung der Gegensätze vor allem zwischen den USA, China und Russland, trotz miserabler eigener Ökonomie eine beträchtliche Nuklearrüstung  zuzulegen, sich als der Schrecken der ostasiatischen Nachbarschaft und sogar als – in der Propaganda – angeblicher Bedroher der USA zu etablieren.

Um das zu verstehen, habe ich selbst nur einige Anhaltspunkte an der Hand, die ich im weiteren kurz anführen möchte. Was daran falsch oder unvollständig ist, bitte ich interessierte Leser zu kritisieren.

Die merkwürdigste Facette ist das Interesse der USA selbst an der Aufrechterhaltung eines martialisch drohenden Nordkorea; aber das erklärt sich schon einmal dadurch, dass der Süden immer wieder an die Kandare der USA gezwungen werden konnte, indem der Norden irgendwelche Aggressionen verübte, gegenüber Annäherungsversuchen aus dem Süden stets ein Wechselbad von Tauwetter und Brüskierung anwandte. Die USA waren immer insgeheim der oder ein Hintermann der nordkoreanischen Unversöhnlichkeit gegenüber dem Süden.

Auch Japan konnte sich dem Drängen wesentlicher Teile seines Establishments nie wirklich entziehen, gegenüber einer nordkoreanischen Nukleardrohung doch bitte den Schutz der großen transpazifischen Schutzmacht nicht zu verspielen.

In der letzten Zeit sind mehrere Berichte erschienen, dass Nordkorea seine Raketen- und Nukleartechnik im wesentlichen Russland verdankt. Russland hat in seinem „Fernen Osten“, der ja an Korea angrenzt, eigentlich sowohl gegenüber den USA als auch gegenüber China eine sehr schwache Position. Die USA haben, auch aufgrund der bisherigen Militärbündnisse in diesem Raum, vor allem denen mit Südkorea und Japan, noch immer eine relativ starke militärische Position dort. Wenn Russlands Osten nur sehr schwach besiedelt, ökonomisch unbedeutend und militärisch kaum zu verteidigen ist gegenüber den USA, vor allem aber gegenüber China, dann ist es für Russland sicher eine wichtige Option, so etwas wie ein nuklear gerüstetes Nordkorea zu haben, das man ggf. gegenüber den USA, aber vielleicht auch gegen China ausspielen kann, evtl. auch gegenüber Japan, mit dem Russland in diesem Raum seit über einem Jahrhundert in schwere Konflikte verwickelt war, wovon bspw. die Kurilenfrage ein Überbleibsel ist.

Ähnliches gilt für China, das wohl für Nordkoreas ökonomisches Überleben eine ausschlaggebende Rolle spielt – ähnlich wie Russland für das militärische. Auch China dürfte damit kalkulieren, dass die nordkoreanische Raketenmacht andere Länder der Region nach Schutz ausschauen lässt, der ja nicht unbedingt immer nur von den USA geboten werden muss, sondern vielleicht auch von China. Anders herum kann ein Nordkorea als insgeheim oder offener verbündeter Nuklearstaat von China gegenüber den anderen ostasiatischen Ländern, v.a. gegenüber Japan, und sogar gegenüber den USA selber als erhebliches Druckmittel eingesetzt werden – so oder ähnlich, vermute ich, laufen bestimmte Kalkulationen auf chinesischer Seite.

Ich vermute also, dass China, Russland und auch die USA selber immer in den letzten Jahrzehnten die heimlichen Aufrechterhalter und Garanten des im Grunde unmöglich gewordenen nordkoreanischen Gebildes gewesen sind und noch sind.

Nordkorea ist der Joker im Spiel der Mächte gegeneinander im Westpazifischen Raum und konnte seine Position nur halten, indem es nie zu sehr sich in eine überwiegende Abhängigkeit von einem der drei Großen manövriert, sondern sie immer gegeneinander ausgespielt hat. Es muss Gründe geben, warum Nordkorea jetzt zumindest mit der Möglichkeit spielt, eine andere Konstellation mit heraufzuführen.

 

Trump muss angesichts der schwindenden Stellung der USA in Ostasien Ungewöhnliches versuchen, um neue Verbündete gegenüber China zu bekommen und vielleicht alte Bündnisse wieder zu festigen.

 

Sollte es den USA gelingen, dem nordkoreanischen Regime die – begründete – Furcht zu nehmen, dass die USA erneut in Korea militärisch zuschlagen könnten; sollten sie mit ökonomischen Zusagen es verstehen, Nordkorea die  – begründete – Angst vor dem wirtschaftlichen Kollaps zu nehmen, sollten sie dem koreanischen Volk erstmals eine Chance auf nationale Vereinigung – unter US-Schirm – realistisch erscheinen lassen können, dann könnten nordkoreanische Denuklearisierungs-Versprechen und tatsächliche Öffnungen gegenüber südkoreanischem Kapital, vielleicht auch US-amerikanischem und japanischem Kapital erreicht werden, und das ganze Land könnte stärker auf die Seite der USA und der von den USA geführten potentiellen antichinesischen Allianz (Japan, Taiwan, evtl. Philippinen, Vietnam usf.) gezogen werden.

Dass China Trumps Initiative mit Besorgnis sieht und sie zu kontern versucht, ist nicht nur völlig logisch, sondern wurde bereits mehrfach in Medien angesprochen – obwohl die in der Regel nicht gern analysieren, dass Trumps Korea-Initiative nicht in den nordkoreanischen Atomwaffen, sondern in der Rivalität mit China ihren Hauptgrund hat.

China dürfte in dieser Sache es auch nicht bloß mit ein paar Treffen mit Kim Jong-un versuchen, sondern alle möglichen Hebel in Bewegung setzen.

Es wird, wenn die USA nicht sowieso bald einknicken –  bspw. weil starke Teile des US-Establishments es keineswegs auf eine größere Konfrontation mit China hinauslaufen lassen möchten, sondern im Gegenteil mit China gegen alle anderen sich zu arrangieren gedenken – auf eine größere Kraftprobe hinauslaufen. Chinas Chancen sind dabei mE nicht unbedingt die besten, denn weder Nord- noch Südkorea haben ein Interesse an einer graduellen Verwandlung in Außenprovinzen Chinas, noch die anderen ostasiatischen mittleren und kleinere Mächte wie Vietnam, die Philippinen usf. Sie würden wahrscheinlich ein Abrücken Koreas von China begrüßen und sogar den Preis einer Wiederzunahme der Macht der USA in ihrem Raum in Kauf nehmen.

Russland wird wahrscheinlich in die sich abzeichnenden Verschiebungen irgendwie sich einpassen. Trump ist im Prinzip bestrebt, Russland von einem engeren Zusammengehen mit China (vor allem in militärischer Hinsicht) abzubringen und wird wohl versuchen, sich die Neutralität oder sogar ein Mitspielen Russlands bei den angestrebten Verschiebungen in Ostasien zu erkaufen.

 

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Ich verspreche jede sachlich irgendwie relevante Zuschrift dann im Anhang zu dem betr. Beitrag zu veröffentlichen, auch wenn sie mit meinen Ansichten garnicht übereinstimmen kann.

 

 

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China’s policies against the Uighur part of the population in Xinjiang province. „New Silk Road“

 

The „Economist“ lately covered the Chinese rulers‘ policies against the Uighurs in the province of Xinjiang. Counting appr. 10 million people, the Uighurs still are slightly more than the Han Chinese in this province.

According to the „Economist“,  the Uighur section of the population, most of which probably is still informed by Islam, is being subjected to an almost unbelievable nasty catalogue of comprehensive and special treatments in order to suppress any kind of possible opposition against the central government, The „South China Morning Post“, too, among others, had covered this subject lately;  now the „Economist“ offers material from a correspondant  who has visited the region.

In order to politically classify and to critically evaluate such a coverage, the geografic position of the Xinjiang province and its importance for the  central governments geostrategic planning must be taken into account. It is common knowledge that the project „New Silk Road“ has maximum strategic weight for the Chinese leadership.

By this project, the Central Asian space is to be opened up for Chinese capitalism and made a secure transition zone for the flow of  Chineses merchandise to West Asia  and, above  all, to Europe. The region’s mineral resources are to be opened up for Chinese capitalism, and parts of its population are to be recruited as work force. Chinese economy and power are to permeate Asia and Europe, catchword „Eurasia“, from Shanghai to Duisburg or Rotterdam, via the Balkans, Russia  resp. Ukraina, the area around the Caspian Sea, via Central Asian countries like Kasachstan– and it is Xinjiang where the most important land routes are to meet Chinese territory. Besides, the Chinese leadership is working hard to establish a corresponding maritime connection via the Indian Ocean to Africa and to Europe, too, as it is well known. They call the twofold system „One Belt One Road“ („OBOR“).

In this system, Europe would serve even more as a market for Chinese merchandise; on the other hand, though, it could cash in on extended  exports to China – as long as e.g. high-tech products from Europe are still wanted in China. With the passage  of time, Europe would be downgraded to an appendix, highly dependent from the Chinese Eurasian empire.

 

It would be political naivity not to assume that the US, the main opponent of Chinese global hegemonic aspirations, has been working for quite a long time at the political mining of the Central Asian space which China is coveting for her expansion. It does not need an explanation that the US must strive to weaken or wholly derail plans like the „New Silk Road“. It is a safe bet that the US and allied powers are covertly supporting e.g. drives for autonomy or secession among Uighurs in Xinjiang, that they are recruiting Islamists or Islamic terrorists there and in Central Asian countries in order to put as many spokes as possible into China’s wheels. Thousands of Uighur Islamists have apparently been recruited for and trained in the infamous war in Syria that the US has staged via his proxies like Saudi-Arabia,  employing all kinds of Islamic terror gangs.

Therefore the statements from the Chinese rulers that they have to fight Uighur terrorism in Xinjiang are certainly not made up out of  thin air. In case they should indeed attempt to take the ground from under such terrorism by policies as depicted by the „Economist“, then they would actually fertilize this ground even more.

 

With regard to the general orientation of a magazine like the „Economist“, which does not – not yet? – just belong to Xi Jin-ping’s staunch friends, there may be exaggerations or even fakes in the report. But with regard to China’s rigorosity in exerting her power, with regard to the naive cult of her own Han-Chinese superiority and to the belief to be able to modify masses of people into permanent conformity to the Chinese imperial apparatus – with regard to such traits as revealed manyfold by Xi’s regime I tend to suppose that the article’s core content is correct.

 

The unprecedented measures employed by the Chinese rulers in order to police, to boss around, to reeducate and penalize the Uighur part of Xinjiangs population, as well as the measures of observation, penalization and steering directed against the whole of China’s population (catchword „social credit system“), probably sparing only the true supremos of capitalism and party, give a taste of what mankind is in for, if the imperial-bureaucratic, „confucian“ Chinese capitalism should get the upper hand.

(This article is the translation of my German article of June 06, 2018. Apologies for clumsiness in my English!)

 

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China is energetically pressing ahead with the “New Silk Road“ resp. „OBOR“

A report and some food for thought

A lively report by Christoph Hein in the „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (faz.net) covering program and actual progress of China’s giant  project called „OBOR“ („One Belt One Road“ ) or „New Silk Road“.

Many countries from Southern Asia to the Balkans, many of them in Central Asia, and maritime nations, too, as e.g. Thailand, Sri Lanka, Djibouti (Africa) are now getting roads, railways, ports, power stations etc. from China’s capitalism.

Certainly not because  of Chinese altruism, but that is a different subject.

There is another fundamental question, however,  that once must be raised: which are the causes of the extreme economic backward- and neediness of quite a few of these countries (Pakistan, e.g., and Africa), into which China is now bumping into? And is being welcomed, as I suppose, by relevant parts of the populations, which for the first time can feel that economic progress is possible?

Has not the global predominance of Western capitalism – that in the final analysis had been defining, for the past decades,  the economic development, or to be more exact: the infamous non-development of these large regions of the globe and is co-responsible for the misery there –  prepared them to be fertile ground for China’s activism of today? Ne‘er-do-well, miserable governments in many of these countries have been and still are cultivating, to the detriment of their populations, their own affluency and the beggarly life of hundreds of millions, have been blocking any development of culture, and all of this under the umbrella of Western global capitalism and its financial regime.

As a matter of historical fairness, note has to be taken to he fact that especially the Central Asian area, where states as Kasachstan, Turcmenistan etc. are now to be found, had been parts of the former Soviet Union and had indeed experienced relevant developments in economy and culture – much to the chagrin of many an Islamic traditionalist. That is long gone, and ever since the Soviet Union’s final breakup (1991) the regional power-wielders and the Western – international – powers could have shown what they can achieve.

China’s „New Silk Road“ project, as it is well known, is giving occasion to ruminate on certain „Eurasia“ concepts, on a newly emerging Chinese imperialism and similar questions. Not the least, though, on the historic debacle which our own Western capitalism and imperialism has been bringing about for large parts of the world.

(This article is the translation of my German article of May 25, 2018. Apologies for clumsiness in my English!)

 

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