Interessanter Artikel von Markus Kompa über den bis heute ungeklärten Fall von Uwe Barschel, dem früheren CDU-Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, der im Jahre 1987 in einem Genfer Hotel tot aufgefunden wurde.
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37272/1.html
Eine wichtige Schicht der Kompaschen Zusammenfassung betrifft die Tätigkeit der deutschen Justizbehörden, die offenbar eine Aufklärung nie gewünscht und sie jahrzehntelang nach Kräften unterbunden haben. Bis 2011 hat es gedauert, bis der Lübecker Staatsanwalt Wille schließlich als Pensionär, ledig der von Vorgesetzten immer wieder verhängten Maulkörbe, seine Ermittlungsergebnisse wenigstens als Buch präsentieren konnte. Offenbar waren sie unerwünscht, weil sie die These vom Selbstmord Barschels zerstören.
Kompa bezieht sich, was die kriminalistischen Aspekte betrifft, anscheinend hauptsächlich auf Wille.
Parallel zur Rolle der Justiz würdigt Kompa auch die Rolle führender Medien wie „Spiegel“ und viele andere mehr, die von Anfang an „wußten“, daß Barschel Selbstmord begangen habe und sich ergänzend abmühten, ein möglichst diffamierendes Bild Barschels zu zeichnen. Kompa erinnert auch an die Harmonie dieser Medientätigkeit mit der seinerzeitigen Kampagne der SPD und ihres damaligen Barschel-Herausforderers, des Ministerpräsidenten-Kandidaten Björn Engholm. (Immerhin verschwand Engholm, bis dahin so etwas wie der rising star der Bundes-SPD, dann relativ bald – 1992 – und gründlich in der politischen Versenkung, nachdem seine Machenschaften mit dem Maulwurf Pfeiffer aufgeflogen waren.)
Bezeichnenderweise wurde jedoch seitens dieser Medien anderen möglichen Vorwürfen gegen Barschel, solchen nämlich, die Fingerzeige auf mögliche Verwicklungen in internationale politische Intrigen (Waffengeschäfte eingeschlossen) hätten geben und zur Bildung von Hypothesen über mögliche Feinde Barschels und mögliche Anschläge auf ihn hätten beitragen können, nicht besonders engagiert nachgegangen. Auf diesem Gebiet versucht Kompa, und das ist jedenfalls der Beachtung wert, einiges nachzuholen. Seine Hinweise auf die seinerzeitigen Iran-Contra-Machenschaften der USA und Israels ergeben durchaus ein Bild von problematischen und gefährlichen internationalen Beziehungen, denen Barschel als ein möglicherweise störend gewordener Mit-Akteur und Mitwisser zum Opfer gefallen sein könnte.
Zur Erinnerung: der sog. Iran-Contra-Skandal bestand darin, daß die US-Regierung, die den Irak unter Saddam Hussein in einen langjährigen Krieg gegen den Iran gehetzt hatte, gleichzeitig dem Iran unter Khomeini Waffen verkaufte, die zumindest teilweise über Israel gingen. Die Erlöse wurden u.a. dazu genutzt, in Nicaragua Söldner (die sog. Contras) zum Kampf gegen die neue sandinistische Regierung zu finanzieren. Die ausführlichere Zusammenfassung dieses Kapitels bei Kompa ist lesenswert.
Auch zur DDR unterhielt Barschel anscheinend geheime Beziehungen, die jedoch von Kompa im weiteren nicht näher beleuchtet werden. Immerhin schildert er recht drastisch, wie auch die Stasi-Unterlagen-Behörde unter ihrem damaligen Leiter Gauck sich den Ermittlungsversuchen von Wille – anscheinend mit Erfolg – widersetzt hat.
Insgesamt eine faktenreiche journalistische Arbeit, die einmal mehr den „Rechtsstaat“ Bundesrepublik und seine Medien, die auch hier als Werkzeuge der schmutzigsten Desinformation und der politischen Kampagnen verdeckter mächtiger Kreise fungieren, in ein nicht sehr günstiges – sollte man sogar sagen: adäquates ?- Licht stellt.