Die Lage in Deutschland ist verzwickter denn je. Wenn die Merkelsche Politik des forcierten Kahlschlags in der Kerntechnik und des forcierten Umbaus auf Windräder samt der unvermeidlichen Steigerung der Abhängigkeit von Energieimporten durchgezogen wird ohne nennenswerten substantiellen prinzipiellen Widerspruch, dann zeigt das ein gefährliches Maß an Desorientierung in der Bevölkerung an. Es zeigt, daß die sog. Umweltpropaganda weiterhin wirkt. Sie wirkt zwar keineswegs bei allen, es kommt aber keine öffentlich wirksame Widerlegung zustande. Manche Leute sagen zwar, das ist „Wahnsinn“ o.ä., aber es ist kein Wahnsinn, sondern ein bourgeoises Konzept, dessen Logik und Widersprüche ich zu analysieren versuche. Es kann nur durch organisierten politischen Widerstand wirksam bekämpft werden.
Die Durchsetzung der Merkel-Politik zeigt vor allem auch an, daß in der Bourgeoisie diejenigen Kräfte dominieren, die gegenüber dem eigenen Land am meisten auf Ausschlachten und Ruhigstellen orientiert sind. Sie dominieren dank Merkel und ihrer Koterie jetzt noch mehr als bisher.
Ausschlachten des Landes unter Ruhigstellen der betroffenen Bevölkerung, darum geht es. Gleichzeitig jedoch sind sie unter Mitwirkung fast des gesamten Überbaus, Medien, Kirchen, Literatur etc., in der Lage, sich als das Gegenteil, als nicht-anti-industriell, als Garanten von steigenden Umsätzen und Arbeitsplätzen zu präsentieren. Sie versuchen die Lebenslüge aufzubauen, daß der Umbau auf die Ökostrom-Systeme „ökonomisch möglich“ und sogar vorteilhaft sei.
Was heißt es, wenn der „ökologische Umbau“ als wirtschaftlich möglich gezeichnet wird?
Möglich ist er in der Tat, für eine gewisse Zeit, wenn es nämlich stärker noch als bisher gelingt, die Mittel aus der Gesellschaft herauszupressen. Es gibt einen in der Bevölkerung verbreiteten relativen Reichtum, den es noch stärker als bisher anzuzapfen gilt über ständig weiter steigende Energiepreise, Steuern und Abgaben – im Grunde Maßnahmen der massenhaften Enteigung -, und bei dieser politisch und kulturell weitgehend wehrlosen Bevölkerung wird das Anzapfen wohl gelingen. Sozialkosten werden noch stärker beschnitten, bspw. Renten gesenkt, mehr Alte umgebracht, Löhne weiter gesenkt, das Bildungswesen auch von der finanziellen Ausstattung her weiter verschlechtert.
Auch die internationale Ausbeutung noch weiter zu steigern, ist eine Konsequenz dieser Politik. Sie muß noch mehr auf die Ausnutzung der extremen Billigproduktion in anderen Teilen der Welt, auf Rohstoffraub und andere Mechanismen setzen. Das Potential für räuberische, vergewaltigende Kriege wächst so weiter an.
Diese Ausquetschungs-Strategien sollen frisches Kapital für den Ökoumbau mobilisieren. Man will den aktuellen Eindruck erwecken, als könne entgegen den großen weiteren Einbrüchen, die jetzt durch die Verschärfung der US-Krise und der übrigen Krisenherde auf der Welt anstehen, gerade ausgerechnet Deutschland ökonomisch „belebt“ werden, als sei diese Politik im nationalen Sinne vorteilhaft.
Dieser Prozeß der massiven Kapitalvernichtung, v.a. im Bereich der Kernenergie und des ganzen bisher existierenden Stromversorgungssystems, und der Beschaffung frischen Kapitals für den sog. ökologischen Umbau ist nur möglich bei stärkster „Konzertierung“. Die Steuerung der Wirtschaft durch die staatlichen Bürokratien wächst weiter (so viel zur „Dezentralisierung“), die staatliche Ökopolitik wird noch stärker mit dem Kreditwesen und erheblichen Teilen der Industrie verzahnt; Stahl-, Bau-, Elektronikindustrie etc. wollen an Windrädern, Gaskraftwerken, Leitungs- und Steuerungssystemen verdienen, die ihnen nur der Staat durch seine Gesetze, nicht der Markt vermitteln kann. Schließlich werden die „Gewerkschaften“, die in kaum einem anderen Land so stark wie in Deutschland mit der staatlichen Bürokratie verquickt sind, v.a. in Form der SPD, die weitere Entrechtung taktisch absichern.
Das Land hat durchaus innere und internationale Entwicklungsschancen – denen die Öko-Politik entgegenarbeitet
Es muß einmal mehr festgehalten werden, daß es grundsätzlich auch andere Entwicklungswege für dieses Land gibt. Selbst unter kapitalistischen Bedingungen wäre es nicht ausgeschlossen, Deutschlands wissenschaftliche und industrielle Qualität zu steigern und seine internationale Konkurrenzfähigkeit zu bewahren oder sogar zu verbessern. Selbst mit einer alternden Bevölkerung könnte seine Produktivität noch erheblich gesteigert und der Anstieg der Soziallasten verkraftet werden. Zu den Grundlagen für derartige politische Richtungsentscheidungen würden gehören: Energie im Überfluß und zu sinkenden Preisen, d.h in erster Linie der Ausbau und die Weiterentwicklung der Kerntechnik; inhaltliche Verbesserung und Verbreiterung des Bildungssystems; Förderung von Wissenschaft und Forschung auf möglichst vielen Gebieten statt Forschungsverboten auf wichtigen Feldern; Erhaltung und Erweiterung der industriellen Basis. Auch die Bevölkerungsfragen, die sich in Geburtenmangel und Einwanderung konzentrieren, würden auf einer solchen Grundlage in einer positiveren Weise gestellt und behandelt werden können als bisher.
Genau das aber sind diejenigen gesellschaftlichen Grundlagen, denen die gesamte Ökorichtung, die heute im Merkeltum kulminiert, von Anfang an den prinzipiellen Kampf angesagt hat. Es ist kein Zufall, daß Merkel zum Vorsitzenden der sog. Ethik-Kommission zur Abschaltung der Kernkraftwerke einen Klaus Töpfer bestellt hat, der bereits in seiner Zeit als CDU-Minister unter Kohl 1987/88 sich prinzipiell wie damals noch kein anderer gegen die Kernenergie ausgesprochen hat und eine zentral veranwortliche Rolle bei der Stillegung wesentlicher Komponenten der deutschen Kerntechnik eingenommen hat, z.B. der Brennelemente-produktion und -forschung in Hanau.
Wie schon lange festgestellt, ist es der Grundtrieb dieser Richtung (die natürlich auch international existiert, aber nirgendwo so dominant wie in Deutschland ), durch Beschneidung all dieser unruhstiftenden Entwicklungsfaktoren die inneren Klassenverhältnisse und die internationale „Ordnung“ zu konservieren. Das aber ist letztlich nicht möglich, und wer es am hartnäckigsten versucht, richtet zwangsläufig die tiefgehendste und größte Destruktion an. Es handelt sich um Strategien der letztlichen Abwicklung des Landes.
Beschwichtigung und Korruption
Wenn unter dem Druck steigender Energie- und Bürokratiekosten weitere einzelne Wirtschaftszweige zur Abwanderung neigen, bleiben diesem deutschen System, so scheint es oder so denkt es vielleicht selbst, einstweilen durchaus noch Mittel und Wege, diese Prozesse zu kanalisieren, zu moderieren, in die Länge zu ziehen, Ausgleiche zu schaffen …Es kann weiterhin und wahrscheinlich sogar mehr – relativ – billige Energie aus dem Ausland zugekauft werden, um bspw. für die Hütten- und die Chemieindustrie die Energiekosten einstweilen noch nicht allzu drückend werden zu lassen; das System wird wohl die Autoproduktion und auch die Entwicklung der Elektroautos nicht direkt killen wollen durch direkte Windstrom-Preise, sondern irgendeinen Modus finden, um den Strom dafür zu Preisen anzubieten, die zunächst einmal diese Profitschleudern weiterlaufen lassen.
Auch politisch wird für den Schein der Mäßigung gesorgt: die SPD positioniert sich bereits als die Partei, die dafür kämpft, die ärmeren Bürger und bestimmte Industriezweige nicht an der Stromrechnung krepieren zu lassen. Bei der ganzen abgekarteten politischen Rollenverteilung in diesem Land wird ihr diese Rolle sogar z.T. gelingen. Bei der allgemeinen Prinzipien- und Gedächtnislosigkeit braucht die SPD sogar wenig zu befürchten, daß ihr vorgehalten wird, daß gerade sie mit dem Ausstiegsbeschluß genau die Phase der Energieverteuerung entscheidend gewollt und eingeleitet hat, deren Folgen sie jetzt zu bekämpfen vorgibt.
Die Konsequenzen dieser weiteren Pervertierung des Kapitalismus, der weiteren Umsteuerung Deutschlands auf die Hervorbringung „negativer Gebrauchswerte“, d.h. von der ökostaatlichen Bürokratie oktroyierter Waren und Dienstleistungen, die aus Prinzip schlechter und teurer als die bisherigen sind, Bsp. Windstrom und „Smart Grids“, werden sich wohl nicht direkt zeigen; direkt soll ja, dieser Strategie zufolge, sogar das Theaterstück der ökonomischen Belebung aufgeführt werden.
Die Konsequenzen kommen später zum Tragen, allerdings umso radikaler.
Wenn irgend die globale Entwicklung mit ähnlichen Tendenzen weitergeht wie in den letzten Jahrzehnten, d.h. z.B. mit weiterer international verflochtener Industrialisierung der Welt, verschärfter internationaler ökonomischer und politischer Konkurrenz, verstärkt notwendigem Kampf gegen völlige soziale Abstürze, dann bricht eine Ökonomie wie diese deutsche, die auf die Einschränkung und Verkomplizierung der Energiewirtschaft, auf die Vereinseitigung und Einschränkung der Industrie sich ausrichtet, umso gründlicher ein, wie stark sie auch derzeit noch von der Globalisierung profitieren mag. Der negative Gebrauchswert frißt den positiven und überhaupt die Produktion mehr und mehr auf.
Sollte die Entwicklung auch andere Varianten hervorbringen – stärkere Abgrenzung von Machtblöcken auch im Ökonomischen, mehr direkte kriegerische Konfrontationen großer Blöcke etc. – dann wird sich die Vernichtung der eigenen Potenzen umso rascher negativ auswirken.
Die internationalen Tendenzen der Industrialisierung und der stärkeren internationalen Konkurrenz können mit dieser noch extra pervertierten Variante des Kapitalismus generell nicht weiterkommen. Sie wird nur an bestimmten Stellen eingesetzt, wo Kapital- und Entwicklungsvernichtung besonders dringend notwendig werden, um die bourgeoise Herrschaft zu retten. Wo dem Kapitalismus die eigene Produktivkraftentwicklung zu viele progressive gesellschaftliche Veränderungsimpulse auslöst, muß sie abgetötet werden. Der krasseste Fall weltweit ist eben unser Land.
Das Problem Frankreich
Die bourgeoisen deutschen Kräfte fürchten sich vor der internationalen Isolierung und forcieren daher ihre Versuche, auch andere Länder unter den Druck von „Fukushima“ zu setzen, um ihr eigenartiges ökonomisch-politisches Milieu der verlangsamten, reduzierten, sogar rückläufigen Entwicklung wenigstens an einigen Punkten international sich festigen zu lassen. Frankreich ist anscheinend ein wichtiges Objekt. Die französische Bourgeoisie ist sehr schwach und von den urkapitalistischen Ängsten vor der Entwicklung der Produktivkräfte selbst infiziert genug, um solchen Einwirkungen bereits einen gewissen Raum zu geben. Die Propaganda auch gewisser französischer Stellen, bspw. gegen die EPR-Projekte („European Pressurized Reactor“, das Modell, das in Finnland und Frankreich derzeit im Bau ist) nimmt anscheinend zu. Die französische Bourgeoisie spekuliert vielleicht auch auf die von Deutschland ausgehende weitere Stromverteuerung, um ihre bestehenden Anlagen umso unverschämter verwerten zu können – wenn nämlich möglichst wenig neue Kernkraftwerke in Europa hinzukommen bzw. nach dem deutschen Programm es sogar schlagartig weniger werden.
Vielleicht rechnen sich manche auch eine weiterentwickelte ökonomische Funktionenteilung in Europa aus. Der Strom kommt für die Bereiche, wo er weiterhin bezahlbar bleiben muß, aus den KKW Frankreichs, Tschechiens etc., nicht zu vergessen Russlands; die deutsche Industrie macht vielleicht EU-intern und international etwas Reibach mit Ökotechnik und darf auch das Standbein Auto noch eine Zeitlang behalten; auf diese Weise brechen die Profite in Deutschland nicht allzu rasch und heftig ein, um ein wichtiges Ziel, den Realitätsverlust in der deutschen Bevölkerung, weiter zu garantieren. Die Entwicklung nach unten wird in die Länge gezogen und kaschiert, um zu späteren Zeitpunkten, wenn die Widerstandspotenzen noch weiter geschrumpft sind, die Rechnungen wirksamer präsentieren zu können: Altenschlachten, Entvölkerung und Verödung größerer Teile das Landes, Vernichtung der Reste nationaler Substanz werden dann offener durchgeführt und im großen Stil sichtbar. Größere Teile Deutschlands werden dann ähnlich wie heute Mecklenburg-Vorpommern aussehen, allerdings viel weniger touristisch aufgeputzt und viel elender als es dort bislang noch zugeht.
Zum Libyenkrieg
Bei der Analyse der aktuellen Lage müssen auch die vielfältigen internationalen Zuspitzungen einbezogen werden. Es gibt davon viele, Afghanistan-Pakistan ist seit langem eine, gegenwärtig sind vor allem auch die Unruhen und militärischen Zusammenstöße in der arabischen und nordafrikanischen Welt eine wichtige neue Komponente. Sie kommen mir vor wie ein Faß, das von verschiedenen Reaktionären verschiedener wichtiger Länder aufgemacht wurde, um Manövrierraum zu gewinnen, v.a. gegen die Massen, aber auch gegeneinander (was sich eventuell als das Gute daran herausstellen könnte, das ist aber nicht sicher). Klare konkrete Ziele sind schwer feststellbar, aber die Unruhstiftung und die weitere Barbarisierung der internationalen Beziehungen unter dem Schlagwort „Menschenrechte“ ist jedenfalls erkennbar.
Geschichtliche Eigenheiten des nordafrikanisch-mittelöstlichen Raumes und seiner Beziehungen zu Europa
Der nordafrikanisch-mittelöstliche Raum, fast durchweg islamisch geprägt, ist für Mächte wie die USA, für europäische Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien traditionell sehr wichtig, stets umkämpft als Herrschafts- und Einflußgebiet, wenn auch in den letzten Jahrzehnten meist nicht so offen wie früher. Außer ihnen spielen hier auch Russland, früher die Sowjetunion, und speziell in Afrika zunehmend seit längerem auch China ziemlich wichtige Rollen.
Die Bedeutung dieses Raumes, wenn ich ihn vereinfachend zunächst einmal als Einheit behandeln darf (es gibt natürlich auch tiefe Gegensätze dort, z.B. Iran), liegt für die übrige Welt keineswegs nur im Ökonomischen als Öl- und Gasquelle und als Absatzmarkt, sondern auch im Politischen, Demografischen und Kulturellen.
Letztere drei Faktoren sind v.a. im Hinblick auf Europa bedeutend.
Den USA und Russland, mehr noch China, sind diese Länder und Menschenmassen fern; ihre eigenen inneren Verhältnisse werden nicht unmittelbar davon beeinflußt. Für Europa aber liegt das anders. Die dortigen Kriege und latenten Kriege liegen in der Nachbarschaft Europas (‚darf es bald etwas mehr davon sein?’, könnte man zynisch angesichts des Treibens mancher Politiker fragen) und setzen die europäischen Staaten schon immer stark unter Druck, spalten sie teilweise.
Die Bevölkerungen dieser Länder reichen schon seit langem durch zahlreiche Migranten in die europäischen Länder hinein und werden durch Wirren wie in Tunesien und Libyen bald in noch ganz anderem Maß angetrieben als bisher, sich nach Europa aufzumachen. Das würde Europa weiter untergraben und wird daher natürlich von anderen Mächten wie z.B. den USA massiv gefördert, nicht zu vergessen erhebliche Teile der europäischen Regime selbst, die Migranten schon lange als „Korrektoren“ ihrer eigenen inneren Verhältnisse heranziehen und. schon dabei sind, sie jetzt vermehrt hereinzuziehen.
Mehr Islam, mehr Afrika in Europa bedeutet in der Hauptsache weniger Demokratie, Aufklärung und Mündigkeit der Bevölkerung, d.h. bessere Beherrschbarkeit der Länder. Die Aufhetzung von Bevölkerungsteilen gegen andere wird erleichtert. Natürlich gibt es neben den Migranten aus diesem Raum auch andere Bevölkerungsteile und Tendenzen, die in diese Richtung wirken, und es gibt andererseits auch viele Mitbürger aus islamischen und anderen Ländern und Traditionen, die für solche Manipulationen weniger oder garnicht in Frage kommen und hierzulande positive Rollen spielen. Das muß jedenfalls festgestellt werden.
Die langjährige postkoloniale politische Unterdrückung der Bevölkerungsmassen der Länderkette Nordafrikas und des Mittleren Ostens, v.a. durch die USA und die ihnen engst zugehörigen Regime wie das israelische, das saudische oder auch das ägyptische, und auch durch die frühere Komplizenschaft der beiden Supermächte USA und UdSSR gegen diese Massen ist ein Grundfaktum. Die ökonomische Fesselung und Unterentwicklung dieser Massen, ihre kulturelle Unterentwicklung und der religiös fundierte Kampf gegen Aufklärung und Wissen sind auch eine Bedrohung gegen die Fortentwicklung in Europa, gegen fortschrittliche Regungen und Veränderungen. Diese Massen werden in jeder Weise am Fortschritt gehindert, und diese Umgebung Europas stärkt auch in dessen Innern die Reaktion.
Auf diesem Wurzelgrund muß man die derzeitige Aufrührung von politischer Unruhe, von Rebellionen und Aufständen sehen, die übrigens bezeichnend stark oft mit reaktionären Stammes- und Religionszwistigkeiten einhergehen. Die Basis für politische Unruhe ist massiv gegeben, weil die Massen in diesen Ländern durch die Entwicklung gezwungen sind aktiv zu werden und nach Auswegen zu suchen. Mit welchem politischem Inhalt aber dies sich entwickelt, durch welche politischen und sozialen Kräfte der jeweiligen Länder, und mit welcher internationalen Ein- und Mitwirkung, bspw. seitens der notorischen USA, die Fragen hochkommen, hochgespielt und in ihrem Verlauf beeinflußt werden, das zu erkennen ist zentral wichtig. Da kann man ganz schnell falsch liegen, zumal die Dinge höchst vielgestaltig und komplex sind und von hier aus gesehen viel zu wenig Wissen vorliegt.
Zum Beispiel Libyen.
Diese unverschämte koloniale Aggression verschiedener Mächte und Pseudomächte hat wohl eine ganze Anzahl von Komponenten. Dazu zählen mE:
1. Ablenkung und Verzerrung gegenüber den anstehenden weiteren gesellschaftlichen Auseinandersetzungen v.a. in Ägypten und auch in Tunesien durch einen offensichtlich völlig willkürlichen ungerechtfertigten Krieg unklarer Zielsetzung und sich selbst potenzierenden Wirrwarrs in einem Nachbarland, das mit seinen wenigen Einwohnern an sich nur Nebenschauplatz sein kann.
2. Innenpolitische Ablenkungen in Frankreich und Großbritannien, auch in Italien, Ländern, die eigentlich ganz andere Probleme, v.a. solche innerer Natur haben; in GB wackelt die gesamte Ökonomie und die ganze ökonomische Orientierung des Landes, wahrscheinlich sogar mehr als auf dem Kontinent insgesamt, trotz Griechenland etc.; in Frankreich wackelt der Politclown Sarkozy und die ganze politische Kaste, die kaum besser ist als er; Italien schließlich ist ein Land, in dem die Selbstzerstörung und der Zerfall der ohnehin hochreaktionären und schwachen staatlichen und politischen Strukturen schon sehr weit geht und niemand weiß, wie Berlusconi loszuwerden ist, die Hydra des Niedergangs Italiens, die nun mit Libyen ein weiteres Verwirrthema findet.
3. Die Instrumentalisierung eines bzw. mehrerer nordafrikanischer-mittelöstlicher Konflikte durch die USA gegen Europa, aber auch durch europäische Regimes gegen ihre eigenen Völker, aber auch u.U. gegen die Dominanz der USA.
Was spricht für solche Analyse-Ansätze?
Z.B. a): wieder einmal führen die USA relativ geschickt die militärische Zweitrangigkeit und Abhängigkeit Großbritanniens und Frankreichs vor, die, sollte es einmal zu Zuspitzungen gegenüber den USA oder anderen kommen, immer noch die militärisch relativ fähigsten Länder Europas sind und möglicherweise sich auch einmal gegen die USA stellen könnten;
Z.B. b): die Aufrührung von Migrantenströmen über das Mittelmeer durch militärische Zerstörungen, Unruhe und Verzweiflung in den Bevölkerungen, mit den entsprechenden negativen gesellschaftlichen Auswirkungen in Europa,
Z.B. c): die Ambitionen v.a. Frankreichs hinsichtlich Afrikas, hauptsächlich im Gegensatz zu den USA. Vielleicht muß Sarkozy demonstrieren, daß Frankreich dort militärisch eingreifen kann und keine Skrupel hat es zu tun, auch wenn die Chancen, sich gegen den Einfluß der USA zu behaupten, nicht die besten sein dürften. Ob der Einsatz gegen Gaddafi sich mehr für oder gegen die Gemeinsamkeiten Frankreichs mit den USA entwickelt, ist mE noch nicht klar.
Es ist eben ein Faß aufgemacht worden, und was da alles herauskriecht, kann erst die weitere Entwicklung zeigen. Manche Kommentatoren betrachten die Vorgänge in Nordafrika als Katalysator der weiteren Entwicklung der internationalen Krise, einschließlich des Kampfes um neue internationale Machtrelationen. Daran ist sicher etwas Wahres, aber keine konkrete Vorhersage.
Jedenfalls komme ich derzeit in der Analyse nicht weiter, aber vielleicht kann man den einen oder anderen Ansatz verwerten, den ich zu formulieren versuche, vielleicht kommt man auch durch Widerlegungen weiter in der Erkenntnis der realen Vorgänge.