Hanau und der sog. Kampf gegen Rechts

Zu Tathergang, Täter(n), eventuellen sonstigen Verantwortlichen sind einige größere Fragen bisher offen. Der Generalbundesanwalt, Frank, hat sich dementsprechend vorsichtig geäußert.

Klar allerdings ist, dass jetzt auf manchen Plattformen öffentlich verstärkter „Kampf gegen Rechts“ gefordert wird.

Weniger klar jedoch ist wiederum, was damit gemeint ist, was das mit den Morden in Hanau zu tun haben soll und wie ein derartiger Kampf eigentlich dazu beitragen soll, solche Verbrechen zukünftig zu verhindern.

Mit dieser Losung scheint mir eher ein Versuch verbunden zu sein, die aktuellen politischen Auseinandersetzungen um die Erschütterung des bisherigen deutschen Parteiensystems, auch um die zukünftige Führung der CDU in eine bestimmte Richtung zu drehen. Damit verbinden sich bedeutende Bausteine der internationalen Stellung Deutschlands und damit der gesamten EU.

Die Frage des Verhältnisses zur AfD nimmt derzeit nun und erst recht seit „Hanau“  propagandistisch eine herausgehobene Stellung ein; ob zu Recht, das ist allerdings die Frage.

Kann denn ein derart zusammengewürfelter programmloser Haufen von politischen Hasardeuren, Schauspielern, ein paar Wertkonservativen, daneben einigen Nazis und Halbnazis, jedenfalls lauter Rückwartsgewandten und jeder fundierten Auseinandersetzung mit dem kapitalistischen System Abgewandten, dazu ein Wählerpotential, das hauptsächlich aus enttäuschten politisch Ahnungslosen besteht, die Orientierungshöhe für das Verhalten des gesamten offiziellen deutschen politischen Spektrums abgeben?

Oder messe ich hier einem Akt der Kriminalität wie in Hanau und dem damit verbundenen medialen Getöse, die besser als kurzfristige politischen Verkrampfung zu werten wären, zu viel Bedeutung bei?

Den politischen Zusammenhang, der sich mir in den letzten Tagen aufdrängt, möchte ich im Folgenden trotz solcher Bedenken doch etwas näher beschreiben; vielleicht lässt sich daraus doch etwas an politischer Einsicht ziehen.

Nach dem jüngsten parlamentarischen Erstarken der AfD insbesondere im Osten sind die bisherigen dominierenden Parteien und Führungsfiguren offensichtlich noch stärker verunsichert als bisher schon. Sie sehen zu Recht – dies allerdings schon länger – ihre bisherigen Positionen im Gefüge gefährdet und müssten ihre politischen Profile und ihre Strategien ‚in einer sich wandelnden Parteienlandschaft‘ neu definieren.

Die Frage der Merkel-Nachfolge spielt dabei insbesondere für CDU und CSU, aber auch für das gesamte Parteiensystem eine bezeichnende Rolle. Dabei ist bisher nicht gut erkennbar, welche politischen Unterschiede zwischen Führungspersonen der CDU wie Merz, Spahn, Laschet und Röttgen eigentlich in wirklich zentralen Fragen bestehen. Die internationale Rolle der EU zwischen USA, China, Russland usf.; die Migrationspolitik und der Arbeitsmarkt; die gesamte Ökonomie unter den derzeitigen Vorzeichen der „grünen“ Komplettumkrempelung sind solche Fragen, zu deren Lösung es mehr braucht als die üblichen allgemeinen Bekenntnisse.

Dass in derartigen Fragen ganz unterschiedliche Perspektiven objektiv existieren, kann man kaum bestreiten; dass sie aber in dem öffentlichen Streit um den künftigen Kurs der CDU/CSU als zentrale Fragen bisher zum Vorschein kämen, ist mir noch nicht aufgefallen.

Bisher werden in der Medienöffentlichkeit nebensächliche bzw. sehr vage bleibende Unterschiede thematisiert, bspw. wird Merz mit  „wirtschaftsfreundlich“, „konservativ“ assoziiert, ohne dass klar wird, was das konkret politisch bedeutet.  Laschet hat im Ggs. zu den anderen bisher noch keine bundespolitische bzw. außenpolitische Funktion gehabt, die zwangsläufig, wie im Falle Röttgen, zu der einen oder anderen Positionierung in der Vergangenheit geführt hätte. Aber selbst solche Positionierungen sind ja nur schwache Anhaltspunkte für die Zukunft, denn sie verpflichten den betr. Politiker nicht, in der gleichen Richtung weiterzumachen – in der heutigen internationalen Szene ist vieles in Bewegung und zwingt viele Politiker sich anders zu positionieren als in der Vergangenheit.

Durch die Morde in Hanau und deren mediale Behandlung kommt es nunmehr verstärkt zu dem befremdlichen Phänomen, dass die AfD-Frage solche allgemeineren Richtungsfragen überlagert. Dadurch werden sie noch weniger erkennbar als bisher schon. Die AfD hat bisher, insbesondere mit dem Erstarken solcher Figuren wie Höcke, die übrigen Parteien provoziert, sie hat deren innere Orientierungsschwierigkeiten verstärkt und öffentlich in oft blamabler Weise hervortreten lassen. Es ist der Eindruck verstärkt worden, dass diese Parteien einigermaßen führungs- und richtungslos herumdrucksen. Der AfD kommt es dabei nicht etwa auf politische Klärungen an (wenn es eine Partei gibt, die dazu wirklich unfähig ist, dann diese), sondern lediglich darauf, die anderen zu denunzieren als für die künftige politische Führung ungeeignet.

Wenn jetzt Spitzenvertreter der übrigen Parteien sich abstrampeln, um sich an einem Thema namens „AfD“  öffentlich zu rechtfertigen und ihre eigenen wackligen Positionen mit der Behandlung dieses Themas vermeintlich zu stabilisieren, dann haben sie definitiv den falschen Orientierungspunkt, den falschen Maßstab gewählt. Die AfD ist selbst noch richtungsloser und konzeptloser als die übrigen, ein Sammelbecken aller möglichen Frustrierten und Ressentimentbeladenen, das, sollte diese „Partei“ tatsächlich in Regierungsveranwortungen einrücken, noch mehr Enttäuschungen und Dilemmata produzieren würde, sowohl für benachteiligte Teile der Bevölkerung als auch für die internationalen Beziehungen unseres Landes. (Was spricht eigentlich dagegen, die AfD entsprechend den Wählerstimmen-Anteilen, die sie nun einmal derzeit an manchen Stellen einheimst, auch gelegentlich in Mitregierungsfunktionen einrücken zu lassen – nichts würde rascher ihren Abstieg befördern als die politischen Nullitäten, die sie dann verantwortlich produzieren müsste?)

Die Morde von Hanau werden, so scheint es mir derzeit, in dem Sinne politisch funktionalisiert, dass sie die Fehlfixierung der gesamten politischen Szene an das Phänomen „AfD“ verstärken. Die AfD-Vertreter sagen zwar, sie hätten mit dem – mutmaßlichen – Attentäter nichts zu tun, was wohl stimmt; aber es ist durchaus berechtigt, diese Partei für die Verbreitung rechter und potentiell rassistischer mentaler Dispositionen mit verantwortlich zu machen.

Diese Sicht, die durchaus eine gewisse politische Berechtigung hat, bleibt allerdings im Unterholz stecken.

Denn die bisherige politische Szene der BRD hat mit ihren eigenen Defiziten das Phänomen „AfD“ selbst erst so „stark“ werden lassen, wie es – zumindest derzeit – öffentlich dargestellt wird. Die bisherige politische Szene der BRD selbst hat es bspw. in den vergangenen Jahrzehnten dahin gebracht, dass manche Leute ernsthaft und zurecht von Kräften innerhalb unserer Gesellschaft sprechen können, die an einer politischen Etablierung von Islamismus in gesellschaftlichen Milieus und perspektivisch tatsächlich an der Eroberung politischer Macht arbeiten. Solche Kräfte gibt es, sie haben internationale Akteure wie Saudi-Arabien im Rücken und nicht nur diese, sondern bspw. auch Kräfte in den USA, die konstant, wenn auch eher  untergründig an der inneren Schwächung der europäischen Gesellschaften und an der internationalen Diskreditierung des Projekts EU arbeiten.

In Deutschland, noch mehr in anderen europäischen Ländern wie Frankreich  oder den Niederlanden, hat es die offizielle politische Szene in den vergangenen Jahrzehnten hingenommen oder sogar aktiv gefördert, dass sich abgeschottete migrantische Subkulturen ausbilden und islamistische Hasspredigten fest etablieren konnten. Die damit fast automatisch einsetzende Etablierung von rechten Populisten bietet weitere Möglichkeiten, das offizielle parlamentarisch-demokratische Kräftespiel zu entwerten und zu beschneiden. Leider muss man vermuten, dass solche Entwicklungen für manche Regierenden durchaus nicht völlig unwillkommen sind, denn mit derartigen tiefen Spaltungslinien in der Gesellschaft lassen sich Bevölkerungsteile besser gegeneinander ausspielen, und das Regieren (mit solcherlei Methoden) wird leichter.

Was wie andere Populisten auch die AfD – angeblich kämpfend gegen bestimmte Fehlentwicklungen – aufbietet, ist so verfehlt und untauglich, dass es die gesellschaftlichen Spaltungen, die von den Islamisten etc. betrieben werden, prompt verstärkt. Und an die Adresse von CDU, SPD etc. muss man an dieser Stelle sagen: wenn Sie die Zusammenhänge nicht endlich selbst öffentlich zur Kenntnis nehmen, analysieren und andere Konzepte entwickeln, werden Sie weiter abgleiten. Es muss über die enormen kulturellen Diskrepanzen gesprochen werden, die sich aufgetan haben, schon lange und viel früher, bereits seit den 60ern des 20. Jahrhunderts im Zeichen des Imports von Arbeitskräften aus islamisch-traditionalistisch geprägten (Agrar)-gesellschaften wie der Türkei, es muss über die vielen Missachtungen der kulturellen, sozialen Probleme der Arbeitsmigranten und ihrer Nachkommen sowie der heutigen Kriegs- und Elendsmigranten gesprochen werden; es muss über die schnöden Leitlinien von Kapitalistenverbänden und Regierungen gesprochen werden, die angesichts fundamentaler Fehlentwicklungen in der eigenen deutschen Demografie meinten und noch immer meinen: wir holen uns den Nachwuchs billig aus anderen Ländern.

Diese und verwandte Fragen werden von der AfD offensichtlich erst recht nicht in humaner Weise behandelt. Sie setzt auf die Aufhetzung gegenüber „Fremden“, statt die kapitalistischen Hintergründe der Migrationsschübe zum Thema zu machen; sie treibt einen deutschen Chauvinismus so weit, dass sie sogar die europäische Integration in Frage zu stellen wagt (Beifall aus den USA, Russland und China)…. Eine vernünftige Orientierung an berechtigten nationalen Interessen und an den kulturellen Werten der europäischen Nationen sieht ziemlich anders aus.

Es kann überhaupt nicht ansatzweise bestritten werden, dass die chauvinistischen, kapitalismushörigen und bis in Rassismus, generellen deutschen Isolationismus und sogar Nazi-Terminologie hinüberspielenden Tiraden, wie sie in der AfD anscheinend mittlerweile den Ton angeben, eine Förderung, Nahrung, Verstärkung für alle möglichen mental abgleitenden Personen bilden, die schließlich zu solchen Taten wie in Hanau fähig sind (wenn man der offiziellen Darstellung folgen will), bzw. die sich anstoßen lassen von im Hintergrund bleibenden Kräften, die damit ihre eigene politische Agenda verfolgen.

Wenn man allerdings die jetzigen öffentlichen Reaktionen auf die Morde in Hanau sieht, lässt sich zumindest eine politische Resultante deutlich beobachten: die unfruchtbare und ablenkende Orientierung an Fragen, wie sie sich in der AfD derzeit frustrierend zu verkörpern scheinen. Es gilt zwar durchaus einen Kampf gegen Rechts zu führen, es gilt aber vor allem Antworten auf die Fragen zu finden, angesichts derer das deutsche politische System derzeit, so wie es ist, überfordert die Arme hängen lässt:  wie kommt man zu  ökonomischer Kräftigung und Gesundung des Landes, wie führt man den Kampf gegen den kulturellen und intellektuellen Abstieg,  wie muss die Selbstbehauptung der EU im internationalen gefährlichen Durcheinander politisch angepackt werden.

Ein „Kampf gegen Rechts“, wie er anscheinend nun von der Rest-SPD, Grünen, „Linken“ und einigen Medien-Schwergewichten vorrangig gefordert wird, soll ihnen dazu dienen, die massiven Fehlentwicklungen der Vergangenheit, für die sie selber entscheidende Mitverantwortung tragen, vergessen zu machen und, noch wichtiger, ihre Konzeptionslosigkeit für die Zukunft zu vertuschen. CDU/CSU sollen wohl in einem solchen „Kampf gegen Rechts“ ihre sekundären Mitwirkenden abgeben. Es scheint auch dort durchaus Tendenzen zu geben, unter einem derartigen Motto von der eigenen Verantwortung in den skizzierten politischen Fragen abzulenken und der Öffentlichkeit etwas vorzuspielen.

Diese Art von „Kampf gegen Rechts“ wäre  vor allem ein Kampf zur Stärkung dieses politischen Komplexes, zur Vertuschung von dessen Unfähigkeit, Korruption und dessen früherer Verantwortungslosigkeit. Man vergesse z.B. nicht, wie die Regierungskoalition aus SPD und Grünen (Schröder-Fischer) von 1998 bis 2005 die führende politische Kraft war, die Sozialsysteme historisch schwer zu beschädigen, der Dominanz des Finanzsektors im Kapitalismus Vorschub zu leisten und auch Deutschland in einen ungerechtfertigten Angriffskrieg auf dem Balkan hineinzumanövrieren.

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Noch eine Nachbemerkung zu einigen immer wieder auftauchenden Zusammenhängen zwischen terroristischen Verbrechen und Phänomenen des sog. „tiefen Staates“.

Es fällt jedenfalls immer wieder auf, dass Personen, die terroristische Verbrechen begehen (oder als deren Täter öffentlich präsentiert werden), den Behörden (Polizei, Justiz und deren übergeordneten Ebenen wie Verfassungsschutz) offenbar längst ziemlich bekannt waren und unter Beobachtung gestanden hatten; jüngstes markantes Beispiel ist der Name Anis Amri, dem das Attentat auf dem Berliner Weihnachtsmarkt zur Last gelegt wird und der kurz darauf in Italien erschossen wurde, wie es heißt. Die Untersuchungsausschüsse erblinden mittlerweile an den Undurchsichtigkeiten in den entsprechenden Behörden. Der frühere Verfassungsschutz-Chef Maaßen bspw. leistete keinerlei Beitrag zur Klärung des  merkwürdigen Verhaltens seiner Behörde im sog. NSU-Komplex, fällt aber seit seiner Verrentung mit gleichfalls recht merkwürdigen politischen Stellungnahmen auf.

Wie auch immer die Einzelfälle zustande gekommen sind: es liegt auf der Hand, dass solche Taten von den unterschiedlichen politischen Richtungen stets als politische Fakten gesehen und in ihrer Propaganda und Politik politisch verwertet werden. Es wäre daher naiv, angesichts konkreter Fälle nicht zu fragen, ob hinter den Taten nicht sogar in ihrer Entstehung vielleicht gewisse politische Motivatoren gesteckt haben. Man kann solche Taten auch, ohne sie direkt zu organisieren, so doch irgendwie anstupsen. Solche Möglichkeiten sollte man nicht von vornherein ausschließen. Denn:

Es gibt in der Gesellschaft ein gewisses Potential an Personen und Personen-Zusammenhängen, die zu solchen Taten neigen und dazu von ihren mentalen Dispositionen her fähig sind. Für Elemente des „tiefen Staates“ bspw. der USA, die gleichzeitig als internationale Untergrundorganisationen fungieren, wie dies die  CIA exemplarisch verkörpert, die aber auch anderswo existieren; für Akteure wie internationale islamistische Bünde etc. sind solche Potentiale erreichbar und funktionalisierbar. In Deutschland hatten wir solche Fälle wie die des sog. NSU, der früheren sog. „RAF“ und des sog. „2. Juni“. Auch sie sind Beispiele für die Funktionalisierung von Personen und Organisationen aus diesem Potential für – nicht immer leicht identifizierbare – politische Zwecke von Akteuren, die nicht als solche in Erscheinung treten wollen.  Zur Erinnerung: im Falle „RAF“ und „2.  Juni“ fungierten die Attentate als Signale für öffentliche Diskreditierungskampagnen gegenüber damaligen tatsächlich linken Bewegungen, allerdings auch zur Beseitigung von etablierten Führungspersönlichkeiten, die mit ihrer Politik andere „störten“. Im Falle des Oktoberfest-Anschlags gab es den Versuch der Beeinflussung der Bundestagswahl und Verbindungen in den „Gladio“-Untergrund der NATO. Im zeitlichen Umfeld der Herstellung der deutschen Einheit 1989 ff. wurden mehrere Führungspersönlichkeiten wie der Bankier Herrhausen und der erste Chef der Treuhand, Rohwedder, ermordet, ang. von „RAF“-Terroristen, nach politischer Wahrscheinlichkeit eher jedoch auf Betreiben internationaler Kräfte, die damit einem neuen deutschen Selbstbewusstsein nachdrücklich gewisse Grenzen aufzeigten. Im Falle des „NSU“ ging es, so vermute ich, zentral oder unter anderem um Schädigungen des internationalen Images der BRD und damit auch um die EU.

 


 

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Ich verspreche jede sachlich irgendwie relevante Zuschrift dann im Anhang zu dem betr. Beitrag zu veröffentlichen, auch wenn sie mit meinen Ansichten garnicht übereinstimmen kann.

 

 

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