Wer in Dortmund wenig oder keine Steuer bezahlen muß

 

Eine Reportage der “Westfälischen Rundschau“ vom 7. August 2012 im Lokalteil Dortmund befaßt sich mit 30 Millionen an Steuern von Spielhallenbesitzern und Automatenbetreibern, die diese der Stadt schulden  sollen, und zwar teilweise seit 2006.

Dortmund laviert seit einer Reihe von Jahren ständig an der Grenze des Bankrotts. Für das Haushaltsjahr 2012 sind 66 Mio. Fehlbetrag schon eingeplant, faktisch sollen es nach der letzten Prognose 74,3 Mio. werden – so berichtet die „WR“.  Auf der anderen Seite verfährt die Stadt ausgerechnet gegenüber dem Spielautomaten-Gewerbe anscheinend sehr weich.

Man kann es auch so ausdrücken: während die Straßenbeläge der Stadt oder bspw. auch der Anschaffungsetat der Stadtbibliothek immer jämmerlicher aussehen, subventioniert die Stadt Dortmund die Profite der Spielautomaten-Firmen mit 30 Millionen  Euro.

Als Erklärung werden seitens der Stadt lt. „WR“ angeführt: a) Personalmangel in Stadtsteueramt und Stadtkasse, der dazu führe, daß die Steuerforderungen gegenüber diesen Kreisen teilweise nicht bearbeitet werden können,  b) sei die Satzung zur Spielhallensteuer von 2006 vom Gelsenkirchener Verwaltungsgericht im Jahre 2007 gekippt worden, und erst vom Oberverwaltungsgericht Münster 2011 in der Hauptsache wieder für rechtens erklärt worden. Das habe zu Rechtsunsicherheiten gegenüber den betreffenden Steuerpflichtigen geführt (verjährt sei aber bisher kein einziger Fall, so habe Bollmann, der zweite Chef der Stadtkasse beruhigend erklärt).

Wenn die Darstellung zu a) zutrifft, stellt sich die Frage, ob einer Stadtspitze nicht zugemutet werden kann sich auszurechnen, daß zu heftige Personaleinsparungen in Steueramt und Kasse zu Steuerausfällen führen. Die Personalräte sollen ihre Oberen schon jahrelang auf diesen relativ einfachen Sachverhalt aufmerksam gemacht haben. Erst jetzt sollen die Dienststellen mit sechs Arbeitskräften wieder gestärkt werden, erst jetzt kommt Stadtkämmerer Stüdemann zur Aussage, er wolle sich nicht nachsagen lassen, die Stadt hätte Ansprüche verschlafen.

Liegt hier vielleicht noch etwas Anderes vor als Verschlafenheit?

Es könnte mE durchaus auch sein, daß die Darstellung zu b) zutrifft. Das würde bedeuten, daß die NRW-Justiz mit Instanzengewirr und Entscheidungsverzögerungen dem Spielhallengewerbe volle fünf Jahre lang Steuerfreiheit eingeräumt hat. Das wäre dann wohl zu werten als ein weiterer Fall von staatlicher Sonderbegünstigung gewisser geschäftlicher Aktivitäten, deren Nutzen für die Allgemeinheit mehr als fraglich ist.

“Verschlafenheit” paßt hier ebensowenig als Ausrede wie oben. Die Begünstigung asozialer Kräfte durch diesen Staat hat vielmehr etwas von System. Diesen Aspekt kann man bei der Betrachtung und Diskussion solch haarsträubender Erscheinungen durchaus fruchtbar ins Spiel bringen. Oder gibt es noch bessere Erklärungen?

(zweite Fassung 8.8.2012, um einige anschärfende Bemerkungen ergänzt)

 

 

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