Die grünen Umtriebe der westlichen Finanzaristokratie und die UN

Die britische Journalistin Whitney Webb hat in „Unmlimited Hangout“ eine Analyse zur Klimapolitik des westlichen Finanzsektors veröffentlicht, im Zusammenhang mit der Konferenz in Glasgow.

Hier ein Abstract für Leser, denen solche längeren Artikel zu aufwendig zu lesen sind.

Webb weist auf ein Bündnis von westlichen Finanzchefs im Zusammenhang mit der Glasgower Klimakonferenz hin, das mit 130 Billionen US-$ (trillions in angelsächsischer Zahlenbenennung) auftrumpft und sich mit dieser Finanzmasse vor allem auf Entwicklungsländer werfen und deren Ökonomien in Richtung “NetZero” umformen will. Es nennt sich „Glasgow Financial Alliance for Net Zero“, GFANZ.

Webb: ..”es scheint klar, dass GFANZ die mächtigsten privaten Banken und Finanzinstitutionen [Weltbank und Internationaler Währungsfond] vereint zu einer – in ihrer Sicht – ‘riesigen geschäftlichen Chance’, deren Nutzung GFANZ vermarktet als ‘planetarischen Imperativ’.”

Im Detail: “Als Teil von COP26 legt GFANZ, eine Gruppe mit einer Schlüsselposition bei dieser Konferenz, einen Plan vor, der ‘den Fluss von Privatkapital zu emerging and developing economies’ regulieren soll.”
Der Plan – schreibt Webb – konzentriere sich auf ‘die Entwicklung von nationalen Plattformen, um das mittlerweile enorme Kapital, das sich NetZero widmet, mit nationalen Projekten zu verbinden’. Er solle “hoch integre und vertrauenswürdige globale Karbon-Märkte” entwickeln.
Mit dem Plan maße sich GFANZ offenbar gleichzeitig nicht weniger als eine tiefgehende Transformation des Finanzsystems an, zumindest was die Beziehungen zwischen den westlichen Finanzmetropolen und den Entwicklungsländern betrifft. Zwar werde von einer “verantwortlicheren” Form des Kapitalismus geredet, in der Realität strebe man allerdings eine Gleichstellung dieser Finanzmacht-Ballungen mit den nationalen Regierungen an. In der Konsequenz würden die Finanzkonzerne wie Goldman Sachs oder HSBC die nationalen Regeln, unter denen sie Geschäfte machen, selbst mit gestalten.
“Mit anderen Worten: die Mitglieder des [GFANZ-]Bündnisses würden durch die vorgeschlagene Steigerung des Engagements des Privatsektors in multilateralen Entwicklungsbanken wie der Weltbank und in regionalen Entwicklungsbanken den Entwicklungsländern unter Ausnutzung des Dekarbonisierungs-Impulses massive und extensive Deregulierungen aufdrücken. Solche „Multilateral Development Banks“ bräuchten nicht mehr Entwicklungsländer in die Schuldenfalle zu bringen, um sie zu Entscheidungen zugunsten ausländischer und multinationaler privater Körperschaften zu zwingen, denn nun können klimabezogene Rechtfertigungen zu denselben Zwecken genutzt werden.”
Im weiteren zitiert Whitney Webb auch L. Fink, Blackrock-Boss und einer der GFANZ-Chefs, mit seinen Vorschlägen, das, was er anscheinend als “Neues Bretton Woods-Momentum” zu erkennen glaubt, im Sinne einer Neugestaltung der “global financial governance” zu nutzen. [Mit “BrettonWoods” ist die 1944 im zuende gehenden Zweiten Weltkrieg errichtete Dominanz des US-Dollars im internationalen Währungssystem der kapitalistischen Welt gemeint, die nach Jahrzehnten allerdings erodiert war. Die Ausrufung eines “Neuen Bretton Woods-Momentums” muss wohl als der Wunsch verstanden werden, die Oberhoheit der USA im Finanziellen wieder zu festigen und zu institutionalisieren. Meine Anm., wgr.]

Whitney Webb verweist auch auf die Veränderung der Rolle der UN. Man meine meist noch immer, die Aufgabe der UN sei die Zusammenarbeit mit den nationalen Regierungen im Gegensatz zu Interessen des Privatsektors. Die UN verfolge aber in Wirklichkeit seit Jahrzehnten ein “stakeholder capitalist”-Modell, das den Privatsektor und milliardenschwere “Philanthropen” gegenüber nationalen Regierungen privilegiere und diesen lediglich die Aufgabe zumesse, förderliche Bedingungen für die letzteren zu schaffen.

Webbs‘ Fazit: “Obwohl GFANZ sich mit der erhabenen Rhetorik der ‘Rettung des Planeten’ dekoriert, laufen ihre Pläne auf einen coup unter Führung der Konzerne hinaus, durch den das globale Finanzsystem noch korrupter und ausbeuterischer würde und die Souveränität der nationalen Regierungen in der sich entwickelnden Welt weiter beschnitten würde.“

Zwei ergänzende Bemerkungen meinerseits zu dem höchst informativen Artikel von W. Webb:

Über die längst schon erfolgte Transformation der UN in ein Instrument von “global governance” kann im Detail nachgelesen werden im neuen Buch von Norbert Häring “Endspiel des Kapitalismus”. Es handelt sich um die Farce derjenigen Art von “Weltregierung” der großen westlichen Konzerne, wie sie schon immer bspw. vom “World Economic Forum” (WEF/“Davos“) unter der Leitung von Klaus Schwab – angestrebt wird.

Eine kritische Anmerkung zu Webbs Analyse: in der heutigen Welt ist der Zugriff des westlichen Finanzkapitalismus schon längst im Rückgang. Sie gebraucht mitunter noch Ausdrücke wie „global finance“, die dazu nicht mehr passen.

Solche Absichtserklärungen wie GFANZ stoßen zunehmend an geografische und politische Grenzen, vor allem diejenigen Grenzen, die „dem Westen“ von der aufsteigenden chinesischen Supermacht gezogen werden, die ihrerseits die Welthegemonie beansprucht. Gerade auch in dem großen Bereich der Entwicklungsländer drängt chinesisches Kapital den Westen massiv zurück. GFANZ mutet ein wenig wie ein Versuch an, den Erfolgen Chinas bei der Finanzierung von Entwicklungsprojekten in Afrika oder Lateinamerika verspätet etwas entgegenzusetzen.

Die bisherige Haltung „des Westens“ war ja viel eher Investitionsverweigerung, war der Versuch, die Primitivität und Schwäche der früheren kolonialen Welt zu konservieren, um sie umso besser ausbeuten zu können. GFANZ verspricht anscheinend nun größere Investitionen. Deren Bindung an „NetZero“, d.h. an die tiefgreifende Kontrolle der gesamten wirtschaftlichen Aktivität durch die imperialistische Beherrschung der Energieproduktion dürfte ihre Attraktivität aber von vornherein mindern. Ob es wirklich zu relevantem Wettbewerb des westlichen Finanzsektors unter Führung der USA mit den chinesischen Entwicklungsprojekten kommt, und ob Entwicklungsländer es schaffen, aus dieser Konkurrenz größere Vorteile für ihre Entwicklung und Souveränität herauszuschlagen – anders als GFANZ das anstrebt – wird sich zeigen.


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