Die USA ziehen ihre Soldaten aus Afghanistan ab – was kommt jetzt?

Nach Irak und Syrien demonstrieren die USA nun crescendo ihre zunehmende politische und militärische Unfähigkeit.

Das ist eine gute Nachricht für die Welt.

Zwanzig Jahre lang haben sie Afghanen getötet, die Bevölkerung gegen sich aufgebracht, Truppen ohne Zahl, Billionen von Dollar und mediales Getöse von unerreichter Verlogenheit aufgewandt, um die Ziele ihrer Intervention zu verbergen, und müssen nun das Schlachtfeld Islamisten sowie konkurrierenden Mächten wie China und Russland überlassen. Denjenigen Mächten, in deren unmittelbarer Nachbarschaft die USA mittels ihrer Intervention von 2001 eine mächtige militärische und geheimdienstliche Basis hatten aufbauen wollen.

Ein Abzug ‚not with a bang but a whimper‘, – oder wie es ein Kommentator formulierte: die USA gewinnen ihre Kriege nicht mehr, sie verlassen sie einfach.

Afghanistan wird nicht zur Ruhe kommen, weil es ein geostrategischer Knotenpunkt der internationalen Rivalitäten ist und bleibt. Die inneren Verhältnisse mit ihren ethnischen, kulturellen und islamisch-sektenhaften Rissen werden eine Konsolidierung nicht erlauben. Hinzu kommen längst fest eingefressene Abhängigkeiten nicht nur von den Großmächten, sondern auch von regionalen Konkurrenten und Unruhestiftern wie Pakistan, Indien und Iran. Auch die USA werden in unterschiedlichen Formen dort weiter mitmischen und die Gegensätze unter ihren Konkurrenten schüren.

Deutschland hat eine etwas merkwürdige Verbündetenrolle gespielt. Es fiel nach den Anschlägen in New York 2001 – die für die US-Außenpolitik den längst gesuchten Vorwand zur Intervention geben durften – durch einen gewissen Übereifer auf, hektisch selber Truppen nach Afghanistan zu schicken. Man erklärte, den USA Bündnisloyalität bekunden zu wollen. Möglicherweise spielte die Überlegung dabei eine Rolle, in diesem Gebiet geostrategischer Rivalitäten selber einen Finger ins Spiel zu bekommen. Man wollte wohl vor Ort beobachten und evtl. beeinflussen, was die USA gegenüber Russland und China dort treiben würden.

Das Unternehmen hatte von Anfang an den misslichen Charakter, der US-Intervention einen Anschein internationaler Legitimität zu leihen; auch andere „westliche“ Staaten entsandten Truppen, bauten dieses Engagement aber wohl in den meisten Fällen früher und stärker ab als Deutschland.

Nun muss man eingestehen, dass man selber militärisch und politisch noch eine weit größere Null ist als die USA. Niemand hätte das öffentlich besser zum Ausdruck bringen können als Norbert Röttgen (CDU), der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses des Bundestages, der mitten im Abzugschaos der USA tapfer gegen den Strom schwamm und gleich noch einmal militärisch intervenieren wollte.

Wenn ein eindrucksvolles Symbol für den politischen Verfall der BRD unter Angela Merkel gesucht würde, dann müsste Herr Röttgen von vornherein auf einen Spitzenplatz der Bewerberliste.

Die Illusion, durch Bewahrung und sogar Intensivierung einer „westlichen Wertegemeinschaft“, d.h. durch die Propaganda und bestimmte Handlungen weiterer militärischer Verbundenheit mit den USA die eigene Haut retten zu können, dürfte durch die Entwicklung in Afghanistan bei einigen weiteren Regierungen weiter erschüttert worden sein.

Wir brauchen als Deutsche und Europäer weder eine NATO noch die weiteren inneren Wandlungen zur Diktatur unter Führung von US-Finanzkapital wie Blackrock, BigPharma und Silicon Valley uns noch länger gefallen lassen. Die internationale Szene bietet mit Russland, China und weiteren global verteilten Wirtschafts- und Machtstrukturen derzeit wenig direktes Aggressionspotential – die Ausnahme sind wir selber, mit den dekadenten USA in der Führung und ihren politischen Verbündeten innerhalb unserer eigenen dekadenten Strukturen. Sie versuchen ihre restlichen wirtschaftlichen und militärischen Potentiale zusammenzukratzen und der Bevölkerung noch Schlimmeres aufzuerlegen als es die bisherigen Interventionskriege und die Finanzcrashs bereits waren. Interessanterweise haben gerade die „Grünen“ in den letzten Monaten sich in dieser Hinsicht besonders deutlich geoutet.

Noch eine kleine Nachbemerkung in eigener Sache dieses blogs: sein optisches Erkennungszeichen, das Foto eines Zeitungsausschnitts aus der „FAZ“ mit dem Wortlaut „Durchhalten in Afghanistan“ verweist derzeit noch immer zurück auf die lange Periode, in der dieses Thema immer eine gewisse geopolitische Schlüsselrolle gespielt hat. Soll ich das logo nun ersetzen? Selbstredend war „Durchhalten in Afghanistan“ nie meine eigene Parole. Aber vielleicht muss ich das logo noch eine Zeitlang verwenden, bis ein markantes und passendes neues gefunden ist. Es gibt größere Sorgen…..


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