Wenn Kapitalisten Krieg führen

 

[Der Artikel wurde gegenüber der ersten Veröffentlichung heute um ca. 11h in einigen Passagen etwas umgearbeitet und geringfügig ergänzt, im Sinne besserer Verständlichkeit. Stand: 14.7.17 ca. 22h]

Ein sehr kurzer, aber markanter Artikel von Ernst Wolff in der „Telepolis“  behandelt die Rolle der USA im 1. Weltkrieg (1914-1918) – eine kleine Erinnerung daran, was Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmungsrecht der Nationen unter kapitalistischer Vorherrschaft uns zu sagen haben.

Die Ursachen des 1. Weltkrieges und die Folgen sind selbstverständlich in der Kürze eines solchen Artikels nur teilweise zu erfassen.

Hier vielleicht zur Ergänzung nur zwei Hinweise:

Es gab außer der ökonomischen Konkurrenz der damaligen Großmächte Großbritannien, Frankreich, Deutschland und USA (auch Japan spielte damals bereits – im Osten – eine große Rolle) auch noch andere Ursachen, warum die damals mächtigsten kapitalistischen Staaten und das zaristische Russland sich gegen Deutschland (und seine Partner) verbündet haben und seine erneute staatliche Zerstückelung (nach der Einigung von 1871) bei der Definition ihrer Kriegsziele ernsthaft in Betracht gezogen haben.

Eine dieser Ursachen: kein anderes entwickeltes Land war damals der Boden einer ähnlich mächtigen und potentiell revolutionären Arbeiterbewegung wie ausgerechnet das wilhelminische Deutschland.

Der kapitalistische Krieg ließ Millionen junger Männer Deutschlands wie auch Österreich-Ungarns, Frankreichs etc., sich gegenseitig umbringen und dezimierte und verrohte damit den Hauptbestand und Nachwuchs solcher revolutionärer Strömungen in Deutschland und überhaupt in Europa. Außerdem wurde bei Kriegsausbruch 1914 durch den Verrat der Führungen der SPD und anderer europäischer Arbeiterparteien an der zuvor doch mehrmals feierlich beschworenen Antikriegspolitik die Arbeiterbewegung politisch und moralisch enthauptet (Rosa Luxemburg bezeichnete seit 1914 die SPD als „stinkenden Leichnam“).

Ein weiterer interessanter Aspekt:

Als der US-Präsident Wilson 1917 daran ging, die USA nach drei Jahren indirekter Unterstützung für Großbritannien und Frankreich direkt in den europäischen Krieg zu führen, als letztlich kriegsentscheidende Macht, entfesselte er gleichzeitig eine gigantische Propaganda über die kommende internationale Ordnung des Friedens, der Gerechtigkeit und der Demokratie als das übergeordnete Ziel der USA. Davon blieb in der Realität dann nichts übrig.

Speziell an die deutsche Adresse gerichtet, versprach Wilson, für eine gerechte europäische Nachkriegsordnung zu kämpfen und auch deutsche Interessen zu berücksichtigen. Im Zuge ihrer Neudefinition der europäischen Nachkriegsordnung stellten die USA dem deutschen Staat allerdings eine unverhandelbare Bedingung, sollten sie sich unparteiisch auch für seine berechtigten Belange einsetzen: die bisherige politische Führung (Ludendorff, Wilhelm II. etc.) muss abtreten. Nach Lage der Dinge bedeutete dies den Übergang der zentralen Führungspositionen an die SPD, deren Führung sich durch ihre aktive Kriegsbeteiligung seit 1914 für Revolution und Demokratie bereits gründlich diskreditiert, als kapitalistische Stütze allerdings qualifiziert hatte. Rosa Luxemburg bezeichnete seitdem die SPD als „stinkenden Leichnam“. Dass die SPD 1918 an die Macht kam, daran haben die USA massiv mitgewirkt.

Die Führung der SPD unter Ebert und Noske erfüllte seit Ende 1918 die schlimmsten Erwartungen (aus kapitalistischer Sicht: die besten) vor allem durch die von ihre geleitete Niederschlagung des revolutionären Flügels der Arbeiterbewegung in den bürgerkriegsähnlichen Kämpfen, und zwar in einem Bündnis mit dem deutschen Militarismus, mit bürgerlichen Exponenten und rechten Banden (Freikorps) und dem westlichen Kapitalismus überhaupt

Die Führung der USA unter Wilson ihrerseits verabschiedete sich aus jeglichem gerechten Ausgleich unter den Kriegsparteien, den sie für den Fall des Übergangs der Führung in Deutschland an die SPD und verwandte Kräfte doch versprochen hatte. Die USA wurden, wenn auch nicht formell, zum letztlich entscheidenden Garanten und Hauptprofiteur des sog. Versailler Systems in Europa, einem System brutaler Entmündigung und Ausbeutung Deutschlands, aus dem so etwas wie der spätere Hitler-Faschismus sich wesentlich nährte.

Die hier skizzierten Zusammenhänge kann man u.a. näher in Augenschein nehmen anhand des Buchs von Sebastian Haffner (eines bürgerlichen Autors) „Der Verrat – 1918/19 – Als Deutschland wurde wie es ist“, und der Arbeit von Hartmut Dicke „Proletarische Revolution und nationale Frage – Die Doppellage im Ausgang des 1. Weltkriegs“ (Verlag Neue Einheit, www.neue-einheit.com).

 

 

Der Artikel von Wolff lässt politische, geostrategische, revolutionäre und kulturelle Aspekte aus. Das muss vermerkt werden trotz der Anerkennung dafür, dass er überhaupt an historische Zusammenhänge erinnert. Diese Herangehensweise kann man als „ökonomistisch“ charakterisieren. Es wird nur von relativ einfach erkennbaren unmittelbaren Profitinteressen von Banken, Konzernen etc. gesprochen. Typisch zum Beispiel die ständig wiederkehrende Phrase: „es geht um Öl“, wenn von den Verwicklungen der USA und des Westens im Vorderen und Mittleren Osten geht.

Meist haben solche Erklärungen zwar etwas für sich, sind aber zu kurzatmig, und manchmal führen sie in die Irre.

 

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