Die EU, die Merkel-Koalition und die Verschärfung der Gegensätze zu USA und Großbritannien. Warum und von wem wird an Wulff und der FDP gesägt?

 

Interessanten hochaktuellen Lesestoff bietet die Publikation

http://www.leap2020.eu/GEAB-in-Deutsch_r27.html

vom 17.12.2011

Sie stammt von „LEAP“ (Laboratoire Européen d’Anticipation Politique), einer Gruppe von Verfechtern des – wie sie es sehen – fortschreitenden kapitalistischen Zusammenschlusses in Europa unter den Vorzeichen des Euro und der Zusammenarbeit der Regierungsapparate, vor allem  Deutschlands und Frankreichs. Ich habe die Gruppe wegen dieser Position schon früher gelegentlich erwähnt und verlinkt.

In der o.a. Pressemitteilung über den Inhalt ihres neuesten Bulletins[1] ist die Sprache gegenüber den USA und Großbritannien noch um einige Zacken schärfer geworden. Die USA würden sich in den kommenden vier Jahren als „zahlungsunfähig und unregierbar“ erweisen, Großbritanniens Regierung stehe unter dem Diktat der Londoner City, die man – in ihrer Stellung zur europäischen Ökonomie – mit „den Piratenhochburgen des Mittelmeers“ vergleichen könne, „von denen aus die Araber Jahrhunderte lang die Küsten Europas plünderten“. Mit seiner Politik habe Cameron Großbritannien isoliert und zu seinem Zerfall beigetragen….

Man soll es bekanntlich unterlassen, über den Splitter in des Nachbarn Auge zu lästern, um den Balken im eigenen Auge zu überspielen. Auf die grundlegende Kritik an den kontinentaleuropäischen Spielarten des Kapitalismus kann man nicht verzichten, wie das LEAP vorzugsweise tut. Die verschiedenen hölzernen Elemente sind meiner Ansicht nach allerdings in der aktuellen Auseinandersetzung nicht so krass ungleich wie Balken und Splitter. Eher handelt es sich um größere und kleinere Balken, und die Frage, wem sie am stärksten den Blick verstellen, den CIA-Idioten oder gewissen europäischen Vertretern, ist recht komplex, sie hat viele Dimensionen. Bspw. ist die demografische Entwicklung Kontinentaleuropas, insbesondere Deutschlands, höchst negativ, während die der USA und sogar auch GBs weiterhin positiv ist. Auch sind die militärischen und geheimdienstlichen Machtmittel der Euroländer im Vergleich mit denen der USA krüppelhaft. Das ökokapitalische superbürokratische System der Euroländer fördert die innere Fäulnis auf seine spezifische Weise und bereitet auch seinen eigenen Zusammenbruch vor.

Die Gegenwehr gegen die Versuche der Regierungen und Finanzzentren der USA und Großbritanniens, die europäischen Staaten ihren Interessen zu unterwerfen und sich selbst zu sanieren, indem sie die Krisenfolgen auf die Europäer ablasten, ist allerdings unausweichlich und sogar berechtigt.

Dieser Kampf – „Krieg“ heißt es stellenweise schon bei LEAP – ist, anders als LEAP das sieht, nicht schon in den Grundzügen entschieden, und das Ausmaß der Erniedrigungen, die die Völker Europas auch durch ihr „eigenes“ System noch durchzumachen haben werden, kann noch nicht abgeschätzt werden.

Derzeit läuft in den deutschen Medien ein Versuch, das Parteienbündnis CDU-FDP-CSU aufzubrechen und doch noch erneut eine sog. Große Koalition unter Einschluß der SPD, vielleicht auch der Grünen, hinzubiegen. Die FDP soll als koalitionsfähige Partei vernichtet und der Bundespräsident Wulff, ein Produkt der gegenwärtigen Parteienkoalition, zur Abdankung oder Kollaboration gezwungen werden, um den Weg in eine andere Regierungszusammensetzung zu eröffnen. In der gegenwärtigen internationalen Situation soll ein derartiger Wechsel den deutschen Widerstand gegen eine vollinflationäre Politik der Euro-Regierungen und der EZB brechen und die Politik der Euroländer den Wünschen der Gegner in USA und Großbritannien gefügiger machen. Eine derartige Einschätzung wird unterstützt zum Beispiel durch die grundsätzlichen Erfahrungen mit der Sozialdemokratie, deren Kanäle zum internationalen Finanzkapital, z.B. wegen ihres Keynesianismus, noch entwickelter sind als die bspw. von CDU und CSU.

Die Person Merkel könnte nach den bisherigen Erfahrungen in dieser Auseinandersetzung ein Scharnier bilden. Zwar nimmt sie derzeit anscheinend, und zwar aufgrund des inneren Drucks, die Funktion wahr, den Widerstand der Euroländer gegen die angelsächsische Bevormundung politisch zu artikulieren, aber man muß ihr gegenüber besonders wachsam sein.


[1] GEAB muß man abonnieren und ist mir zu teuer, daher kann ich nur auf die allgemein zugänglichen Pressemitteilungen der Gruppe fußen und auf diese verweisen.

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