Chinas Politik in der Provinz Xinjiang gegenüber dem uighurischen Bevölkerungsteil. “Neue Seidenstraße”

Eine Reportage des „Economist“  behandelt die Politik der chinesischen Machthaber in der Provinz Xinjiang gegenüber den dort ansässigen Uighuren, die mit ca. 10 Mio. Menschen derzeit noch einen etwas größeren Anteil an der Bevölkerung der Provinz haben als die Han-Chinesen.

Der uighurische Bevölkerungsteil, traditionell wohl meist noch vom Islam geprägt, wird laut diesem Artikel mit einem kaum glaublichen Katalog an speziellen und umfassenden Maßnahmen sehr unschöner Art behandelt, um jegliche Art von möglicher Opposition gegen die Zentralregierung zu unterdrücken. Auch die „South China Morning Post“ und die „FAZ“ hatte vor kurzem das Thema bereits behandelt, hier allerdings handelt es sich auch um Material eines Korrespondenten, der die Region besucht hat.

Um derartige Berichte politisch einordnen und kritisch bewerten zu können, muss man die geografische Lage der Provinz Xinjiang und ihre Bedeutung für die geostrategischen Pläne der Zentralregierung berücksichtigen. Bekanntlich ist das Projekt „Neue Seidenstraße“ für sie von größter strategischer Bedeutung.

Dieses Projekt soll den zentralasiatischen Raum für den chinesischen Kapitalismus erschließen und ihn zum gesicherten Durchgangsareal für die Warenströme aus China in den Vorderen Orient und v.a. nach Europa ausbauen. Die Bodenschätze der Region sollen für das chinesische Kapital erschlossen und Teile der Bevölkerung als Arbeitskräfte rekrutiert werden. Unter dem Stichwort „Eurasien“ wird die Durchdringung Asiens und Europas durch chinesische Ökonomie und Macht verstanden, von Schanghai bis Duisburg oder Rotterdam, über den Balkan, Russland bzw. die Ukraine, den Raum um das Kaspische Meer, über zentralasiatische Länder wie Kasachstan; und die wichtigsten Landwege treffen eben in Xinjiang chinesisches Hoheitsgebiet. Außer an derartigen Landwegen arbeitet die chinesische Führung bekanntlich auch an entsprechenden Seewegen, die über den Indischen Ozean nach Afrika und gleichfalls nach Europa führen sollen.

Die Rolle Europas in diesem System wäre vor allem die, noch viel mehr chinesischen Waren als Absatzmarkt zu dienen, seinerseits allerdings auch von vermehrten Exportmöglichkeiten nach China zu profitieren –  solange bspw. High-Tech-Produkte aus Europa noch in China begehrt sind.  Im Laufe der Zeit würde Europa zu einem hochgradig abhängigen Anhängsel des chinesischen eurasischen Imperiums  verkommen.

Man wäre politisch naiv, wenn man nicht den USA als dem Hauptwidersacher des chinesischen globalen Hegemoniestrebens unterstellen würde, schon seit längerem an der politischen Verminung des zentralasiatischen Expansionsraumes zu arbeiten, den China ins Auge gefasst hat. Selbstverständlich müssen die USA intensiv daran arbeiten, Pläne wie die „Neue Seidenstraße“ zu schwächen oder überhaupt zum Scheitern zu bringen. Man kann Wetten darauf abschließen, dass die USA und verbündete Mächte z.B. Autonomie- oder Sezessionsbestrebungen unter Uighuren in Xinjiang unter der Hand unterstützen, dass sie dort und in zentralasiatischen Ländern Islamisten oder islamistische Terroristen rekrutieren, um China möglichst viele Knüppel zwischen die Beine werfen zu können. Tausende von uighurischen Islamisten wurden offenbar bereits schon seit Jahren für den schändlichen Krieg in Syrien rekrutiert und darin trainiert, den die USA über ihre Proxies wie Saudi-Arabien und mittels aller möglichen islamistischen Terrorbanden vom Zaun gebrochen hatten.

Daher sind die Behauptungen der chinesischen Machthaber, sie müssten in Xinjiang uighurischen Terrorismus bekämpfen, bestimmt nicht aus der Luft gegriffen. Wenn sie allerdings tatsächlich mit den vom „Economist“  geschilderten Maßnahmen versuchen, derartigem Terrorismus jeden Boden unter den Füßen zu entziehen, dann werden sie diesen Boden erst recht düngen.

Es mag angesichts der generellen Orientierung einer Zeitung wie des „Economist“, der nicht – noch nicht? – unbedingt zu den Freunden Xi Jin-pings gehört, durchaus Übertreibungen oder sogar fakes in dem Artikel geben. Angesichts der Machtrigorosität Chinas, angesichts des naiven Kultes eigener han-chinesischer Überlegenheit und des Glaubens, Menschenmassen auf Dauer in die Konformität mit dem chinesischen imperialen Apparat modeln zu können – angesichts solcher Züge, die das Regime Xins auf vielen Gebieten offenbart, möchte ich allerdings vermuten, dass der Kerngehalt des Artikels stimmt.

Die beispiellosen Überwachungs-, Gängelungs-, Umerziehungs- und Strafmaßnahmen der chinesischen Machthaber gegen den uighurischen Bevölkerungsteil in Xinjiang und die Überwachungs-, Straf- und Steuerungsmaßnahmen, die sich gegen die gesamte Bevölkerung Chinas richten (Stichwort „social credit system“) und wohl nur die obersten Granden des Kapitalismus und der Partei aussparen, lassen ahnen, was den Menschen blüht, wenn der imperial-bürokratische „konfuzianische“ chinesische Kapitalismus Oberwasser bekommt.

 

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