Ökoschrott

Erhalt des Kapitalismus durch Abwicklung des Landes

Eigenartige Konzepte von Merkel und Konsorten zur Krisenbewältigung

Walter Grobe, 05.10.2010

Die Bundesregierung unter Merkel hat sich nunmehr noch entschiedener als bisher auf eine fast vollständige Umrüstung der Energieproduktion in Deutschland auf die sog. erneuerbaren Energien festgelegt. Das bedeutet u.a. weitere Energiepreissteigerungen, die die bisherigen weit in den Schatten stellen werden. Im Gegensatz zu dem Gerede, erneuerbare Energien würden immer billiger, sind die weiter steigenden Preise politisch gewollt. Gleichzeitig fordert die Regierung von der Bevölkerung weitere finanzielle Mittel in der Größenordnung von Tausenden Milliarden, damit der gesamte Gebäudebestand künftig in der Art von Thermoskannen abisoliert werden kann. *

Der praktische Nutzen dieser politischen Programme liege in der Rettung vor Klimaerwärmung, heißt es. Aber dieser angebliche Zusammenhang ist in jeglicher Hinsicht ein Fantasieprodukt.  Daß das Klima sich überhaupt wesentlich erwärmt, ist nicht bewiesen, noch weniger, daß es sich aufgrund menschlicher Aktivitäten erwärmt oder daß CO2 eine wesentliche Rolle spielt (wenn man Erwärmung einmal unterstellt). Die offenkundigste Absurdität liegt in dem Anspruch, Deutschland könne durch CO2-Einsparungen das Weltklima beeinflussen, wenn alle wichtigen Länder mit der 50fachen  Bevölkerung Deutschlands klar bekunden, daß sie den CO2-Ausstoß weiter steigern werden oder zumindest  kein überragendes Problem darin sehen.

Der nutzlose, geld- und kräftezehrende Ökoschrott als Leitbild

Beabsichtigt wird in Wirklichkeit ein weit radikaleres System staatlicher Reglementierungen der gesamten Wirtschaft als es bisher schon existiert. Der Bürger soll staatlicherseits in größtem Maßstab gezwungen werden, Investitionen zu finanzieren, von denen er nicht nur keinen praktischen Nutzen hat, sondern die auch seine künftige gesteigerte Abkassierung garantieren. Viele hunderte von Milliarden sollen für offshore-Windparks und die entsprechenden neuen Überlandleitungen und Speichersysteme aufgebracht werden, damit die gegenwärtigen relativ kostengünstigen Kraftwerke, vor allem die Kernkraftwerke, abgewrackt und durch Anlagen ersetzt werden, die den Strom künftig zum zehnfachen Kostpreis herstellen. An die Stelle eines ausreichenden Angebots an Strom zu jeder Zeit sollen sog. smart grids treten, die den Stromnutzer in einen Dauerspekulanten des „Sparens“ verwandeln. Mietsteigerungen um mehrere Euro pro Quadratmeter Wohn- oder Gewerbefläche sollen künftig aufgebracht werden, ohne daß die Qualität der Immobilien steigen würde. Sie wird im Gegenteil zumeist  sinken, denn überisolierte Gemäuer sind oft ungesund und besonders reparaturanfällig. Dafür daß vielleicht durch Isolierungen an laufendem Heizungsverbrauch einige hundert Euro pro Jahr eingespart werden können, sollen Tausende pro Jahr in die Mietsteigerungen fließen und viele Mitbürger in kleinere Bruchbuden treiben.

Der Gebrauchswert dieses ganzen Systems für den Bürger ist kraß negativ, weil es große Teile seiner verfügbaren finanziellen Mittel abschöpft und seine menschliche Entfaltung weiter einschränkt – wenn es überhaupt etwas abzuschöpfen gibt. Das ist bekanntlich für Dutzende Millionen Mitbürger schon jetzt nicht mehr gegeben.

Ein Kapitalismus, der in volkswirtschaftlich entscheidendem Maße investiert und produziert mit dem Ziel, den Käufer und Konsumenten mit negativen Gebrauchswerten zu konfrontieren und per staatlichen Zwang ihm keinen Ausweg läßt, ist ein vollends pervertierter Kapitalismus und ein relatives Novum in der Geschichte.

Die deutsche Bourgeosie und ihr Staatsapparat, die mehrheitlich hinter diesem Programm stehen, kalkulieren anscheinend, daß es mithilfe einer solchen Politik auf der oberen finanzkapitalistischen Ebene doch irgendwie weiter gehen könne mit Geldströmen, mit Kredit- und Spekulationswesen, der Umverteilung des staatlich Abgeschöpften und der ganzen Bereicherung, die sich für bestimmte Schichten damit verbindet. Irgendwie sollen Aufträge weiter rollen, soll Produktion stattfinden, obwohl das System den Bürger schon auf der Konsumebene feindselig  behandelt. Eine Variante des Kapitalismus soll überlebensfähig gemacht werden, die sich immer weiter von den Bedürfnissen des Bürgers und der Gesellschaft abkoppelt, sie noch weniger berücksichtig als bisher schon und statt tauglicher, innovativer, die menschliche Entfaltung begünstigender Waren und Dienstleistungen immer mehr Ökoschrott ausstößt.

Exkurs: Kapitalismus und die Befriedigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse – ein paar allgemeine Sätze zum Hintergrund des Ökoprogramms

Der Kapitalismus ist vom Prinzip her ein System, dessen Produktion zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen, zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung und zum Wohlergehen der Menschheit in widersprüchlichen Beziehungen steht. Teils ist er dafür günstig, teils verkrüppelnd. Er läßt sich charakterisieren als ein wirtschaftliches System, das die Warenproduktion auf der einen Seite höchst systematisch und relativ umfangreich – weltumfassend – organisiert, sie auf der anderen Seite aber auch strengen Einschränkungen unterwirft, sie findet nicht statt, wenn sie nicht der Vermehrung vorhandenen privaten Kapitals dient.

Waren werden in diesem System als Träger von Geldwerten produziert, ihre Produktion und ihr Verkauf verschaffen ihren Produzenten – im Durchschnitt und im Gesamtverlauf – mehr Geldwert als sie hineingesteckt haben. Zu diesem Zweck wird produziert. Daß die Waren Gebrauchswert besitzen, daß sie die Fähigkeit haben, Bedürfnisse der Gesellschaft zu befriedigen, ist zwar eine der unabdingbaren Voraussetzungen ihres Absatzes, aber nicht der innerste Antrieb des Systems.

Daher kommt man beispielsweise an der Feststellung nicht vorbei, daß von diesem System die Bedürfnisse zwar eines Teils der Menschheit einigermaßen befriedigt werden, die Bedürfnisse zahlloser Mitglieder der menschlichen Gesellschaft auf diesem Globus aber gar nicht, kaum oder nur höchst unzulänglich. Deren Lebenslage interessiert nur wenig, solange sie keine zahlungskräftige Nachfrage vorweisen können, die die Waren- oder Dienstleistungsproduktion für irgendein privates Kapital lohnend erscheinen läßt.

Dies ist eine krasse Einschränkung, die der Kapitalismus den gesellschaftlichen Produktivkräften auferlegt. Die Produktivkräfte haben sich auf der anderen Seite, auch durch die Konkurrenz innerhalb des Kapitalismus und gerade durch diese Konkurrenz, weiter und weiter entwickelt. Historisch haben sie längst die Potenzen erreicht, die Gesamtheit der Menschen auf den Globus wesentlich besser zu ernähren, zu bilden und sich entwickeln zu lassen, als wir das heute mit ansehen müssen – und als der Kapitalismus das zuläßt. Die Berechtigung der Forderung „Vergesellschaftung der Produktion zum Zweck der  Befreiung von der kapitalistischen Schranke“ liegt auf der Hand, wenngleich auch die Probleme, wie sie verwirklicht werden kann, derzeit noch zu wenig bearbeitet werden.

Soweit eine für den Zweck eines solchen kurzen Artikels extrem vereinfachte und verkürzte Kritik, wie sie schon seit langem vor allem von der marxistischen sozialistischen Tradition am Kapitalismus geübt wird. Sie mag zwar nicht alle Seiten erfassen, kritisiert aber doch Kernelemente relativ zutreffend (Ende Exkurs).

Wie müßte vor diesem Hintergrund nun ein Kapitalismus kritisiert werden, der systematisch versucht, sich von den wirklichen Bedürfnissen der Gesellschaft prinzipiell möglichst weit zu emanzipieren und trotzdem Waren und Dienstleistungen zu produzieren, die die finanzielle Sphäre in Gang halten sollen? Der versucht, das Kreditwesen, die Finanzspekulation auf einer solch ungewöhnlichen Basis weiterzuführen und zu beleben, um weiterhin  vor allem hier Profit zu generieren?

Ich habe schon an anderer Stelle (s. mein Artikel zu Laufzeitverlängerung der KKW und Ausbau der “erneuerbaren Energien”) die Auffassung geäußert, daß das Energieprogramm der deutschen Regierung nur eine Logik hat, die allerdings nicht zur Sprache kommt, sondern mit Klimatheorien zugedeckt wird. Es basiert mitnichten auf einer Logik des Klimaschutzes, denn auf fantastischen Grundannahmen ist dergleichen nicht möglich, sondern es handelt sich um eine Logik der organisierten verstetigten Kapitalvernichtung, eine spezifisch deutsche Variante, mit der dieses deutsche bourgeoise System die immer weiter lauernde kapitalistische Krise in „kontrollierte“ Bahnen zu zwingen hofft. Gesellschaftliche Ressourcen und menschliche Fähigkeiten müssen in dieser Logik systematisch vernichtet werden und durch neue Anlagen und neue Qualifikationen, und zwar von niedrigerem Niveau und höheren Betriebskosten, ersetzt werden. Atomkraftwerke, die den Strom für 1,5 Cent und weniger abgeben, werden durch Offshore-Windparks ersetzt, die mindestens den zehnfachen Kostpreis fordern; wissenschaftliche Errungenschaften und Weiterentwicklungslinien wie in der Kerntechnik werden durch relativ primitive Fertigkeiten wie sie in der Konstruktion von Stahltürmen und Getrieben benötigt werden, verdrängt. Warum? Weil die Produktivkräfte, schlägt man sie nicht tot, weiter wachsen und zu immer heftigeren Zusammenstößen mit dem Prinzip der privategoistischen Aneignung der Früchte der gesellschaftlichen Arbeit führen – so die wirkliche Logik dieses deutschen Ökokapitalismus, dem alle führenden Konzerne und Banken, alle politischen Parteien mittlerweise sich verschworen zu haben scheinen. Der Nachteil einer solchen Selbstkastration des Kapitalismus auch für diese Bourgeoisie selbst, liegt allerdings in seiner mangelnden Überlebensfähigkeit, vor allem gegenüber der internationalen Konkurrenz.

Mit den Vorstellungen zur Forcierung der „Erneuerbaren“ und zur sog. „energetischen Gebäudesanierung“ o.ä. wird meines Erachtens versucht, weitere Teile der Ökonomie dieser Logik zu unterstellen und einen Ausweg aus der Bedrohung durch die internationale Konkurrenz zu finden. Eine Planwirtschaft, die die realen Bedürfnissen und Wünschen des Bürgers mit Füßen tritt und ihm andere verordnet, würde auf diese Weise noch weit mehr als bisher die Gesellschaft durchdringen. Anstelle wirtschaftlicher Weiterentwicklungen, die auf reale gesellschaftliche Bedürfnisse antworten, treten immer stärker verordnete Bedürfnisse, eine staatlicherseits  erzwungene und gelenkte Ökonomie, die immer größere Teile des bisher noch einigermaßen frei verfügbaren Einkommens und Vermögens des Bürgers auffrißt. So soll durch ständige Zwangstransfusionen ein finanzieller Überbau am Leben erhalten und sogar noch fetter gemacht werden, sodaß diesem Kapitalismus und diesem Staatsapparat wenigstens noch für eine gewisse Zeit Vorteile gegenüber anderen Ländern verschafft würden.

Ein Vergleich mit den USA

….könnte hier versucht werden. Die USA haben sich über Jahrzehnte hinweg zunehmend dadurch ökonomisch und politisch noch über Wasser gehalten, daß sie die Finanzkraft der ganzen Welt zu erheblichen Teilen eingesaugt und in ihren militärischen und geheimdienstlichen Apparat gelenkt haben, d.h. in Bereiche, die ökonomisch gesehen Kapitalvernichtung pur sind. Dies gehört zum Kern ihrer monströsen Verschuldung und der gegenwärtigen Krise, neben dem Immobilien-Kreditschwindel. Dieser Weg steht dem deutschen Kapitalismus natürlich nicht in dieser Weise und diesen Dimensionen zur Verfügung (freilich hat er meist versucht, sich politisch dem System USA einzufügen und davon mitzuprofitieren). Die Variante, die dem deutschen Kapitalismus die ihm gemäße und praktikable scheint, ist die ökologische, ist der sog. Umbau Deutschlands zum ökologischen „Musterstaat“, wie er dem hiesigen Bürger gern ausgemalt wird. An diesem Muster wird der Rest der Welt wohl kaum genesen, auch wenn Reaktionäre anderswo in Teilbereichen ähnlich vorgehen mögen und den Deutschen auch schon mal für ihre „Vorbildrolle“ lobhudeln (da sind die Hintergedanken schon fast mit Händen zu greifen, daß es ihnen imWirklichkeit darum geht, bei einem unangenehmen Konkurrenten gewisse Tendenzen der Selbstvernichtung zu stärken).

Es braucht eigentlich nicht ausführlich dargelegt zu werden, daß ein derartig pervertiertes System zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen Profits zum Scheitern verurteilt ist. Es enthält die Abwicklung Deutschlands.

Staatsbürokratische planwirtschaftliche, die Bürger mit der Steuerschraube erwürgende und ihre Kreativität mit Füßen tretende Systeme, die letztlich nur noch der Erhaltung der Ausbeutung durch ihre obersten Kasten dienen, haben sich in Tausenden von Jahren der Geschichte immer wieder blamiert und sind gegenüber ihren Konkurrenten baden gegangen. Das jüngste Beispiel war die Sowjetunion in ihren zunehmend staatskapitalistisch-bürokratischen letzten Jahrzehnten. Was Merkel und Konsorten betreiben, ist im Wesen davon nicht so weit entfernt. Auch daß man zunehmend quasi-religiös agiert und die Diskussion möglichst durch das Ableiern von (Klima-) Dogmen ersetzt, weil die Regierungsprogramme schlicht der Rationalität entgleiten, ist ein gemeinsames Merkmal. Die Ökoreligion als Staatsreligion mag zwar etwas relativ Neues sein, das von der Bevölkerung noch nicht recht durchschaut wird, aber generell leben wir nicht mehr in Zeiten großer antirationaler religiöser Bewegungen. Ergänzen möchte man die Verdrängung von Rationalität und Demokratie wohl auch gern durch die verstärkte Aufwertung islamischer Religiosität, nicht umsonst ein Steckenpferd dieses Ökostaates schon seit langem.

Ökoschrott, Islam und das Parteiensystem Deutschlands

Die im Gang befindliche und gerade von Vertretern wie Merkel seit langem betriebene Umgestaltung der deutschen Parteienlandschaft hängt mit der grundsätzlichen Ökopolitik eng zusammen. Wenn es zukünftig, wie in Merkels Konzept, eine sog. Mitte geben soll, deren ökologistischer Konsens die CDU/CSU den Grünen und der SPD weiter anähnelt und auch die kleineren Parteien einschl.der sog. Linken einbezieht, dann muß es als scheinbares Gegengewicht und Plattform einer „Kritik von unten“ auch so etwas wie eine rechtspopulistische „konservative“ Partei geben, die allerdings in Wirklichkeit ebenfalls vom existierenden System der politischen Entmündigung des Bürgers, vom System der Pervertierung jeder berechtigten politischen Regung durch die existierenden Parteien und Medien kontrolliert werden soll. Ihre derzeit versuchsweise der Öffentlichkeit präsentierten möglichen Wortführer wie Sarrazin, Wilders, Koch usf. zeichnen sich jedenfalls schon sämtlich dadurch aus, daß sie den ökonomischen Grundfragen wie kapitalistische Krise und Ökologismus aus dem Wege gehen.

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*Dank für diesen treffenden Ausdruck geht an Herrn Trummler.

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