Elemente der Diskussionen zu Corona. Medizinische, datenrechtliche und internationale politische Fragen

Die politischen Entscheidungen sind zunächst einmal abhängig von virologischen und epidemiologischen Annahmen, aber auch von den Ansichten über die richtige Behandlung Kranker und über medizinische Ethik, vom Zustand und den Kapazitäten der Altenpflege und der Krankenhäuser.

Hier gibt es sehr unterschiedliche Meinungen und wenig gesichertes Wissen, auch weil das Virus neu ist – und weil die politischen Verhältnisse im Fluss sind. Die Virologen, die Epidemiologen, die medizinischen Praktiker produzieren mittlerweile deutliche wechselseitige Kritiken; im Spiel sind aber auch die großen Unterschiede der verschiedenen Länder hinsichtlich der allgemeinen Verhältnisse wie Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems, wie Gewohnheiten des Zusammenlebens etc.  Der eigene Informationsstand der Bevölkerungen und ihre Disziplin sind außerdem von bedeutendem Einfluss auf die Möglichkeit von Vorhersagen, Planung und politischen Maßnahmen.

Ich führe im Folgenden nur einige der markantesten Beispiele von öffentlichem Dissens an, wie er in den letzten Wochen offenbar geworden ist.

Zunächst einmal weiß bisher noch immer niemand Genaues über die Zahlenverhältnisse, bspw. zum Verhältnis von gefährlich Infizierten und Gestorbenen zur Gesamtzahl der in der Bevölkerung insgesamt Infizierten, zu den Zahlen der immunen oder nur schwach betroffenen Menschen. Das gilt für die einzelnen Länder wie auch weltweit. Die meisten statistischen Aussagen scheinen bisher ungesichert bis willkürlich zu sein. Die absoluten Zahlen der Gefährdung durch CoViD19 sind ungewiss ebenso wie ihre Relativität zu den Gefährdungen durch andere Pandemien und überhaupt zu Gesundheitsrisiken aller Art.

Die Meinungen scheinen auch deutlich auseinanderzugehen, wenn man definieren will, welchen Anteil das aktuelle Virus an den registrierten Fällen von schwerer Erkrankung und Tod in Wirklichkeit  hat – ist es, wie manche drastisch formulieren, in vielen Fällen alter und bereits schwer erkrankter Patienten nur der Auslöser eines ohnehin bald zu erwartenden Ablebens? Ist es in manchen Leichen zwar nachzuweisen, war aber nicht die Todesursache? Wird man den vielen sehr alten und meist bereits kranken Menschen, die die übergroße Mehrheit all der schweren Fälle bilden, von denen die befürchteten Überlastungen der Systeme ausgehen, menschlich und medizinisch auch nur annähernd gerecht, wenn man sie der Intensivbehandlung z.B. mittels Beatmung unterzieht? Die meisten überstehen diese Behandlung als solche kaum. Viele, wenn man sie denn überhaupt informierte und entscheiden ließe, würden sie wohl wegen der Quälerei und der schlechten Chancen von vornherein ablehnen. In diese Richtung jedenfalls haben sich Lungenfachärzte, Palliativmediziner und Medizinethiker bereits deutlich geäußert.

Ich habe bis hierhin einige streitbare Meinungen wiedergegeben, die ich in Form von Äußerungen von Experten (oder auch von angeblichen Experten) in den letzten Wochen in allgemein zugänglichen Medien zur Kenntnis nehmen konnte. Ich als Nichtexperte identifiziere mich nicht mit irgendeiner dieser einzelnen Meinungen, meine aber, dass in der aktuellen Situation allgemeiner Ungewissheit es wohl besser ist davon auszugehen, dass hier erst nach und nach wichtige Elemente der Wahrheitsfindung zur Sprache kommen.

Weiter:

Ist hier vielleicht auch ein zu großer Einfluss eines bestimmten einseitigen medizinischen Denkens im Spiel? Überwiegt das Denken in Kategorien der Apparatemedizin, gibt es eine Tendenz zur Entmündigung von Patienten, ein zu starkes Interesse an äußerst kostspieligen und damit für manche Akteure höchst profitträchtigen Verfahren? Bestimmen solche Interessen die medialen Bilder des medizinischen Geschehens?

Die Politiker können wohl nicht anders als „ worst cases“  im Auge zu haben und entsprechende Vorsorge zu treffen. Da aber die „worst cases“ in Abhängigkeit von solchen Variablen steht, wie ich sie eben kurz angesprochen habe,  sind sie derzeit nur sehr unzureichend zu definieren. Der öffentliche fachliche und politische Streit  belebt sich augenscheinlich, und das ist in mancher Hinsicht nicht schlecht.

Die Politiker  müssen die ökonomischen und politischen Folgen von Quarantänen, Betriebsschließungen, Schul- und Universitätslähmungen etc. versuchen einzuschätzen, die ihrerseits voller Unsicherheiten stecken. Der hierzulande häufige Typ von Politiker stellt sich wohl auch Fragen wie: könnten in der Bevölkerung Stimmungen und Bewegungen entstehen oder verstärkt werden, die den führenden Parteien und Persönlichkeiten feindlich gegenüberstehen und bspw. das Parteiensystem gefährden, oder sich in Unruhen ausdrücken…

Jedenfalls aber muss die Politik gerade auch die großen Fragen,  bspw. den europäischen Zusammenhalts, bspw. die Beziehungen  zu China in politischer und ökonomischer Hinsicht im Auge haben und sich daran bewähren.

 

Die angesprochenen Unsicherheiten bieten reichlich Gelegenheiten, bestimmte globale politische Agenden in die aktuelle Situation hineinzumischen, die längst in der allgemeinen politischen Auseinandersetzung wichtig sind und keineswegs erst von den Fragen einer aktuellen Seuchenabwehr herrühren. Jeder Politiker, der/die jetzt öffentlich Meinungen äußert und an Entscheidungen beteiligt ist, wird auch daran gemessen werden, ob er/sie demgegenüber ein angemessenes Problembewusstsein an den Tag legen kann.

Ganz oben steht hier mE die Frage, ob und wie stark man die digitale Überwachung und die Steuerung der Bevölkerung vorantreiben darf, kann und will.

Jetzt wird unter dem label „Schutz aller vor der Seuche“ vieles angedacht und teilweise schon praktiziert, vielleicht sogar gesetzlich erlaubt werden, was die sozialen Kontakte der Bürger und ihre Mobilität betrifft. Manche fordern schon, in einer elektronisch geführten Personalakte den Gesundheitszustand, einschließlich der Willigkeit des Bürgers zur Zusammenarbeit mit dem problembeladenen medizinischen System,  seine Tests, seine Impfungen etc. IT-mäßig zu erfassen und staatlich zu verarbeiten. Daraus wollen sie das Recht für akute, aber auch für künftige Eingriffe in das Leben der Bürger ableiten, bspw. wohin sie sich bewegen, mit wem sie Kontakt haben dürfen. Große gesellschaftliche Katastrophen können zwar schwere staatliche Eingriffe in Menschenrechte notwendig machen, aber hier arbeitet man an Kontroll- und Steuerungsverfahren für das Alltagsleben, an deutlichen Beschneidungen individueller Grundrechte, die auf Dauer etabliert werden könnten. Sollen wir demnächst in Verhältnissen ankommen, wie sie in China bereits in erheblichem Umfang existieren, oder in Verhältnissen, wie sie die Silicon-Valley-Giganten in ähnlicher Weise anstreben – Erfassbarkeit und Steuerbarkeit von Leistung, Konsum und politischem Verhalten der Bevölkerung zum höheren Wohle der Milliardärsschichten?

 

Überlegungen zu den Problemen der IT-Gesellschaft im Zeichen von Corona  spielen in den mainstream-Medien anscheinend keine große Rolle, werden aber wohl von Manchen klar gesehen als eine bedeutende Weichenstellung auch für die Zukunft der EU und ihre internationalen Stellung. Es gibt eine Denkrichtung, die anstrebt, die EU künftig zur attraktivsten Zone im internationalen Wettbewerb um den Zufluss von Menschen und auch von Elementen des Kapitalismus zu machen – in diesem Sinne wäre es ein wesentlicher Baustein, dem IT-Autoritarismus a la China oder auch a la USA Regelungen entgegen zu setzen. Wie kann man z. B. die administrativen Vorteile der Datentechnik mit der Bewahrung der individuellen Freiheit und dem Schutz von Elementen der Demokratie verbinden?

Kapitalistische Krise und Corona

Die ökonomischen Systeme der Welt hatten sich, unabhängig und längst vor der Coronakrise, erneut als krisenanfällig, fragil, reif für drastische Erschütterungen, Zerstörungen und allgemeine Wohlstandsabstürze erwiesen. Es geht um die inneren ökonomischen Systeme einzelner Länder wie Deutschland, auch um die Europas; es geht um die gerade für Deutschland  ökonomisch existentiellen globalen Beziehungen, namentlich den  Verbund mit China, es geht um die enormen inneren Schwächen der USA und Chinas selber, schließlich auch um überwölbende System wie das internationale Finanzkapital.

Ein Beispiel ist die deutsche Autoindustrie, die zusammen mit ihren Zulieferern, Händlern etc. im Lande den wichtigsten Wirtschaftszweig und die Existenzbasis eines erheblichen Teils der Bevölkerung bildet. Zudem ist sie, wie das Beispiel des VW-Konzerns zeigt, der den größeren Teil seiner Profitabilität seinem China-Geschäft verdankt und, wie die anderen Firmen auch, aus aller Herren Länder, insbesondere auch aus den östlichen Ländern der EU, Zulieferungen bezieht, international extrem verflochten. Dieser Zweig der deutschen Ökonomie musste bereits deutlich vor dem Auftreten der Coronaprobleme zugeben, dass es nach unten gehen wird mit Beschäftigung, Löhnen und Gewinnen; man ist anscheinend technologisch ins Hintertreffen geraten hinsichtlich der Antriebe (wie Elektromotoren, Brennstoffzelle) und möglicherweise auch der Digitalisierung, und die Aussichten für das globale Geschäft, vor allem mit China und den USA, können angesichts der Verschärfungen v.a. zwischen den USA und China nur nach unten zeigen. Wenn jetzt im Zeichen von Corona staatliche Geldströme (Kurzarbeitergeld, Kredite zur Pleiteprophylaxe etc.) in beispielloser Fülle fließen sollen, dürften sie nicht nur zur Überbrückung kurzfristiger coronabedingter Schwierigkeiten, sondern erheblich auch zur Überdeckung schwerer politischer Fehler der Eigner und Manager der deutschen Automobilindustrie sehr willkommen sein.

Eine ganze Reihe weiterer, schon lange virulenter Fragen des ökonomischen und sozialen Lebens werden in der Corona- und Postcorona-Epoche drängender und könnten vielleicht in der öffentlichen Auseinandersetzung sogar im positiven Sinne intensiver behandelt werden. Dazu gehören Fragen wie:

  • wie geht dieser Gesellschaft mit den Alten und Pflegebedürftigen um, welche Zustände in Heimen und in der Pflege allgemein haben sich eingeschlichen und müssen gründlich verbessert werden?

 

  • Wie steht es mit dem allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung und ihrer gesundheitlichen Aufklärung?

 

  • Hat das Gesundheitssystem genügend Kapazitäten, ist das Personal ausreichend und ausreichend ausgebildet, sind die Magazine für Notfälle angemessen gefüllt?

 

  • Wie weit ist die Zersetzung durch die kapitalistische Profitorientierung schon gekommen, bspw. angesichts der Mängel an Forschung zu Medikamenten der Seuchenbekämpfung, seitens von Big Pharma? Oder angesichts des Kaputtsparens, wie es sich bspw. in den Krankenhäusern zeigt, weniger wohl in Deutschland als in vielen anderen Ländern, besonders verheerend anscheinend z. B. in Italien? Oder angesichts des Versickerns staatlicher Mittel in korrupten und mafiotischen Strukturen, wie es, vor allem wieder am Beispiel des unglücklichen Italien, sich erneut zeigt und eine Gefahr für die ökonomischen und moralischen Qualitäten der EU überhaupt darstellt?

Auch auf höchster globaler Ebene liefert die Coronakrise reichlichen Zündstoff. Die unterschiedlichsten Konflikte werden verschärft, bspw. die Rivalität zwischen China und den USA; auch das Ausgreifen Chinas, bspw. unter dem Etikett „Neue Seidenstraße“ nach Europa wird deutlich aggressiver. Aus den USA ihrerseits meldet sich jemand wie Bill Gates mit seinen problematischen globalen Vorstellungen medizinischer, kapitalistischer und politischer Art und seinem milliardenschweren Einfluss auf die WHO. Ihnen und noch vielen weiteren Akteuren gibt die Krise reichlich Gelegenheit, verschärft um Erfolge zu kämpfen.

Das Augenmerk richtet sich auch unwillkürlich auf die weitgehende Ausgeliefertheit großer Teile der Weltbevölkerung, bspw. des Kontinents Afrika, an Gesundheitsgefahren. Dort existieren bekanntlich die elementarsten Dinge nicht oder kaum; wenn nun dort Millionen wehrlos von dieser und anderen zukünftigen Seuchen dahingerafft werden sollten, bekommt die Frage, warum das so ist, warum dort die Armut und das Unwissen und hierzulande so etwas wie Reichtum und soziale Systeme herrschen, noch mehr Aktualität.

Den hier genannten Fragen sieht man direkt an, dass ihnen auch positive Impulse entspringen können. Es ist nicht vorherbestimmt, dass die Interessen der Datenschnüffler und Bevölkerungs-Manipulateure wesentlich vorankommen; nicht, dass die großen kapitalistischen Profiteure (nicht nur im medizinischen Bereich) sich auf Kosten der Allgemeinheit weiter stärken; nicht, dass die rivalisierenden großen Mächte ihre Einflüsse verstärken können, wie sie das anscheinend durch „Corona“ jetzt gern erreichen würden.


 

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Merkwürdige Forderungen von Bill Gates zu Corona

Bill Gates, der bekannte Milliardär, der sich mit dem Geld seiner Stiftung u.a. auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik betätigt, hat kürzlich in einem TED-Interview sehr spezielle Ansichten  geäußert, wie das Coronavirus zu bekämpfen sei. Hier eine kritische Beleuchtung seiner Äußerungen durch die Redaktion des OffGuardian, eine deutsche Übersetzung findet sich auf „Rubikon“.

Anscheinend fordert Gates, dass die Pharmaindustrie in nie dagewesenem Umfang Mittel entwickelt, mit denen möglichst große Teile der Weltbevölkerung getestet und geimpft werden sollen. Diese Maßnahmen sollen dann Teil der amtlichen persönlichen Identität der Menschen werden. Wie stark und wie erfolgreich Menschen sich derartigen Programmen unterzogen haben werden, soll dann den Regierungen Handhaben liefern, Rechte der Individuen einzuschränken, bspw. welche Mobilität gestattet wird.

Dass die Pharmaindustrie mit solchen Programm enorm wachsen und entsprechende Profite erwarten darf, scheint ebenfalls von Gates gewünscht zu werden.

Von Alternativen in der Auseinandersetzung mit dem Virus, bspw. der wissenschaftlichen Erfassung der eigenen Immunentwicklung des menschlichen Organismus und der daraus folgenden differenzierten Erfassung  der wirklich Gefährdeten und ihrem Schutz  durch das Gesundheitssystem, scheint Gates nichts zu halten.

Der Artikel des OffGuardian lenkt auch die Aufmerksamkeit auf den anscheinend sehr starken Einfluss von Gates und seinem Geld auf die WHO.

Ich hatte in meinen ersten Beiträgen zur Coronapanik die Meinung formuliert, dass da auch massive Interessen an kapitalistischem Profit und an stärkerer staatlicher Gängelung und Kontrolle der Bevölkerung eine motivierende Rolle spielen dürften. Gates hat für diese Aspekte hier anscheinend ziemlich massives Anschauungsmaterial geliefert. Der Kreis der Interessen, von Profitaussichten über die Entdemokratisierung der Gesellschaften bis zum Austrag internationaler Rivalitäten ist allerdings wesentlich breiter und zum Teil auch verschlüsselter bei öffentlichen Äußerungen als ein Gates.

 

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Welche Staaten werden schwächer, welche stärker aus der Coronakrise hervorgehen?

Längst wird öffentlich über die Fragen gesprochen, wie unterschiedlich die Staaten der Coronakrise begegnen – China, die USA, europäische Staaten und die EU als Ganze , wie auch benachteiligte Regionen und Staaten bspw. Afrikas – und eben auch darüber, wer mehr oder weniger Erfolge dabei haben wird,  welche Bedeutung  solche Unterschiede für ihr zukünftiges Gewicht in der Weltpolitik  haben werden.

Offensichtlich betreibt gerade China, sehr wahrscheinlich der Ursprungsraum der Pandemie, mittlerweile eine Propaganda, es habe diese weitaus erfolgreicher als alle anderen bekämpft und leiste nunmehr mit seinen Erfahrungen und seiner eminenten wirtschaftlichen Kraft der übrigen Welt Hilfe. Diese schaffe es, so die in China verbreitete Meinung, nicht aus eigener Kraft und werde China zu großem Dank verpflichtet sein. Der Einsatz der Coronaproblematik zur Förderung geopolitischer Hegemoniepläne liegt hier auf der Hand.

In den USA steigt nicht nur die Zahl der Infektionen und Todesfälle jetzt rasch, man weiß nicht, wie weit noch in den nächsten Wochen; es scheint vor allem wirtschaftlich noch deutlich holpriger zu laufen als bspw. in Deutschland mit seinen Sozialsystemen. Wenn aber die ökonomischen Daten in USA plötzlich steil nach unten gehen, kann das Trump gefährden, der bisher immer damit geprotzt hat, dass es mehr Geld in den Taschen gebe. Wenn Trump kippt, werden die USA noch erratischer und international unzuverlässiger als bisher schon, sie werden weiter Einfluss verlieren (das Vorstehende ist natürlich kein Plädoyer für den Verbleib dieser Figur im Amt).

China bemüht sich um Ausnutzung der Schwäche der USA und auch der Schwächeerscheinungen in der EU. Ich gehe aber davon aus, dass man in der EU das Hochplateau der medizinischen Probleme bald verlassen wird und dass die gesammelte Finanzierungskraft die EU-Ökonomie einigermaßen flott hält. Die EU wird dann dafür anerkannt werden, dass sie trotz aller Panikmache und anfänglicher Verwirrung es wieder einmal geschafft hat, sich zu einigen und  ihre Bevölkerungen mit begrenzten Verlusten – im Vergleich mit anderen –durch die Krise geschleust zu haben.

Eine der wichtigen Fragen auch für die EU wird der Umgang mit den internationalen Interventionen Chinas und auch mit der chinesischen Ökonomie sein, von der insbesondere die deutsche stark abhängt. China ist bei alledem ein großer Unsicherheitsfaktor. Weder ist bekannt, ob es gegen die Seuche nun verlässlich abgesichert ist, ob sie nicht erneut auftreten kann, noch ob  seine Verlässlichkeit für die globalen Lieferketten nun wieder gegeben ist. Wenn die Seuche erneut auftritt, könnte es im Innern heftige Unruhe geben. Wird dann im Südchinesischen Meer militärisch zugeschlagen? Und das internationale Kapital wird sich aus China zurückziehen, wenn auch nicht auf einen Schlag, weil die Produktionszuverlässigkeit endgültig perdu ist.

Ein wichtiger, ganz andersartiger Aspekt ist die internationale Solidarität mit den von Krankheit, Tod und ökonomischem Zusammenbruch betroffenen Ländern und Regionen, die am wenigsten dem entgegenzusetzen haben, d.h. Afrika etc. Auch China muss in diese Überlegung einbezogen werden. Der Widerwille gegen das chinesische Hegemonialstreben ist eine Sache, die Solidarität mit dem chinesischen Volk eine andere.

Die Pandemie macht nun auf andere Weise deutlich, dass wir ein Weltsystem mit einer Vernetztheit und einer Interdependenz wie noch nie zuvor haben. Das kommt im Bewusstsein von mehr Menschen jetzt an als zuvor. Nicht nur die gebräuchlichsten Industrieerzeugnisse wie Automobile oder Handys hängen ab vom Zustand der Gesundheitssysteme und der ökonomischen Systeme im Allgemeinen, sondern auch Elementares wie Lebensmittel – diese  z.B. vom Funktionieren von Transportsystemen.

Wenn eine Pandemie in entwickelten Ländern rasch Hunderttausende Leben kosten kann, kann  man der Frage kaum ausweichen, wieviele Millionen sie nun in den armen Ländern kostet, warum diese so arm sind und soziale und medizinische Hilfen für die größten Teile der Bevölkerungen nicht existent sind, mit allen Rückwirkungen auf die Lage der entwickelteren Länder. (Bei Influenza war und ist man zwar ähnlich stark betroffen, aber nicht so sensibel für die politischen Umstände, aus diversen Gründen; diese wachsende Sensibilität ist ein Positivum der aktuellen Entwicklung).

Dies ist kein Aufruf zu mehr Spenden, obwohl die, in den richtigen Händen und an die richtigen Adressen weitergeleitet, nicht Nichts sind. Es geht vielmehr darum, mehr Verständnis für die geschichtlichen, politischen und kulturellen Gründe der extremen Gegensätzlichkeiten zu erarbeiten. Warum gibt es diese krassen Unterschiede, was wären reale Möglichkeiten für die entwickelteren Gesellschaften, mitzuhelfen, diese Strukturen zum Besseren zu wenden….?

Es gibt eine Tendenz, unter dem Druck der oben angedeuteten Komplexität viele Aspekte derselben von sich weg zu schieben, die Gefährdungen der Demokratie bspw. oder die Lage in Afrika, und sich damit einzurichten, dass man vor Ort individuell ja eine Menge falsch oder richtig machen könne und sich daher auf die „Nachbarschaft“ konzentrieren sollte; die Weltfragen könne man nur schlecht erfassen und noch weniger darin etwas bewegen.

Wenn wir dieser Tendenz entgegenarbeiten, könnte dies unserer physischen Gesundheit nützen – und vor allem unsere mentale stärken.


 

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Notizen zur Notwendigkeit von Kompromissen in der Finanzpolitik der EU

Die Coronakrise aktualisiert jetzt heftig die Notwendigkeiten der Europäischen Union, ihre nationalen Wirtschaftssysteme, auch ihre Gesundheitssysteme, und die europäische Finanzpolitik besser abzustimmen und Europa für die kommenden raueren Zeiten in der Weltpolitik fitter zu machen.

Von „mehr Solidarität“ zwischen den Mitgliedern der EU zu sprechen, trifft das Problem nicht so recht, denn die Beziehungen  der Staaten entwickeln sich ja anders als bspw. die zwischen Gruppen von Menschen. Menschengruppen können sich auf eine Weise miteinander verbinden, die Solidarität genannt wird, bspw. im Fall von  Streikenden,  oder wenn man durch ein gemeinsames Unglück betroffen ist, das man gemeinsam durchstehen und überwinden muss. Solidarität zeigt sich u.U. auch zwischen räumlich und sozial weit entfernten Menschen, bspw. wenn ein Streik von fern unterstützt wird, oder wenn von einem Erdbeben Betroffene von Nichtbetroffenen auch aus anderen Ländern unterstützt werden.

Zwischen den Staaten Europas bzw. der EU herrschen prinzipiell Beziehungen  der Konkurrenz. Jeder kämpft bspw. um wirtschaftliche Vorteile, die leicht zu Lasten anderer Mitglieder der EU gehen können; man kämpft um Einfluss und Positionen in den Machtorganen; man versucht  unfreundliche Eingriffe in die Angelegenheiten von Partnerländern etc. Diese permanenten Kämpfe untereinander, deren Ursachen noch lange bestehen werden, bzw. für die es ständig neue Gründe geben wird, unterliegen allerdings mittlerweile einem Dämpfungsfaktor, genannt EU: die Beteiligten wissen, oder lassen sich daran erinnern, dass es für alle zumindest längerfristig vorteilhafter ist politisch zusammenzubleiben, an wichtige Fragen konsultativ heranzugehen und Kompromisse zu finden, um in der Weltpolitik genügend Masse und Kraft einsetzen zu können. Man kann keinen der zahllosen Streitpunkte sich so  verselbständigen lassen, dass er das Zusammengehen in wichtigen Fragen verhindern würde.

 

Noch zu einem weiteren problematischen Ausdruck eine Bemerkung vorweg “Coronakrise“. Es handelt sich  genauer gesagt, mehr als um die Rettung der Erkrankten und der Gesunden, um die enormen zusätzlichen wirtschaftlichen Probleme, die durch die Coronapolitik der verschiedenen europäischen Regierungen jetzt entstehen. Vielleicht sind bestimmte politische Maßnahmen momentan kaum zu vermeiden, vielleicht aber auch durch bestimmte nicht-medizinische Interessen verstärkt, über die nicht gern geredet wird. Das soll aber hier nicht das Thema sein.

Jetzt zu einem der Hauptreibungspunkte in der EU, jedenfalls nach Meinung der üblichen Medien:

Ich denke, dass der Süden und der Norden Europas mehr Rücksicht aufeinander nehmen müssen, dass mehr wechselseitiges Verständnis für die jeweiligen Schwächen und Stärken gesucht werden muss. Darauf aufbauend können auch neue Lösungen für die politischen Bereiche gesucht werden, in denen das Zusammenwirken aller oder auch von Untergruppen  vorteilhaft ist, bspw. in der Finanzpolitik, weiter dann auch in der Wirtschaftspolitik, in der Sozialpolitik, in der Gesundheitspolitik.

Es scheinen seit langem immer wieder die sehr unterschiedlich geprägten Lebensauffassungen und die unterschiedlichen Wege der wirtschaftlichen Existenzsicherung  und –verbesserung im Süden und im Norden in Konflikt zu geraten. Sie sind in vielen Jahrhunderten Geschichte und Kulturgeschichte entstanden.

Ein beliebter Vorwurf an den Süden, insbesondere an Italien, lautet in etwa, dass man dort (im kapitalistischen Sinne) weniger effizient sei, unbedenklich Schulden auf Schulden türme, wenn die Wirtschaftskraft eben chronisch nicht mitkomme, und man die „reicheren“ Länder im Norden, namentlich Deutschland, dann zum Mit-Garanten einer untragbaren Schuldenlast degradieren wolle.

In der entgegengesetzten Richtung sind Hinweise darauf nicht völlig erfunden, dass Deutschland bisher eher als Profiteur struktureller südlicher Schwächen geglänzt habe denn als Mitarbeiter an deren Besserung.

Im Süden, insbesondere in Italien, aber auch in Griechenland, gibt es anscheinend Meinungsmacher genug, die die hausgemachten Probleme nicht recht in den Blick nehmen wollen und stattdessen behaupten, das vergleichsweise schuldenscheue Deutschland sei der eigentliche Urheber der Misere südlicher EU-Mitglieder, weil es sich weigere, im erforderlichen Umfang deren weitere Verschuldung und die weitere Verschuldung der EU als Ganze mit zu tragen.

Ich denke, dass man auf Dauer nicht auf dieser Argumentationsebene verbleiben kann, auch wenn in beiden gegensätzlichen Positionen eine Menge Wahrheiten stecken mögen. Wenn Italien bspw. die ewigen Probleme des unterentwickelten, mafiotischen und abgehängten Südens, und zwar in erster Linien  wegen der in Privilegien und Korruption erlahmten herrschenden Kreise des Landes, nicht angehen kann, sie vielmehr mit unproduktiv versickernden Staatsmillliarden Jahrzehnt um Jahrzehnt zudeckt und konserviert – und dann von der EU verlangt, dass sie für die entsprechende mangelnde Solidität der italienischen Staatshaushalte einspringt, dann ist das wohl nicht oder nur zum geringsten Teil auf Deutschland  zurückzuführen.

Wenn aber Deutschland  seinerseits, wie im Falle der Rettung Griechenlands, die Maßnahmen wesentlich mit verantwortet, mit denen die Forderungen der europäischen Finanzinstitutionen, Banken, Staatshaushalte etc. auf Sicherung ihrer Kredite befriedigt, die griechischen Oligarchen gerettet, weiterhin von jeder Verpflichtung gegenüber dem eigenen Staat freigestellt und eine große Masse von einfacheren Bürgern in skandalöse Existenzsorgen gestürzt werden, dann liegt der Vorwurf einer asozialen Austeritätspolitik an die Adresse Deutschlands auf der Hand (wobei Deutschland  natürlich nicht alleine verantwortlich war, sondern im Verein mit den anderen beteiligten Machtzentren der EU, des IWF genannt werden muss). Italienische Politiker beklagen sich derzeit zusätzlich darüber, dass auch ihr Staat Opfer für die sog. Griechenland-Rettung gebracht habe, aber nun, wo er selbst große finanzielle Schwierigkeiten habe, keine Hilfe erwarten könne, wegen der deutschen Vorbehalte gegen gemeinschaftliche Schulden der EU etc.

Man sollte vielleicht eine andere Ebene versuchen, die etwa so definiert werden könnte: Süden wie Norden Europas sind durch ihre jeweiligen Stärken wie Schwächen untrennbar verbunden, und es kommt darauf an, die Schwächen beider Seiten mit mehr gegenseitigem Verständnis und Solidarität zu bekämpfen. Es geht um mehr als den nächsten Kompromiss unter dem Druck einer alarmierenden Situation.

Hier könnte man zahllose Beispiele anführen. Deutschland bspw. war früher und ist auch heute nicht etwa finanziell blutendes Opfer italienischer oder griechischer Misswirtschaft, sondern im Gegenteil ein großer Profiteur südlicher Schwächen. Die industriellen Schwächen des Südens bspw. waren über Jahrzehnte für viele deutsche Unternehmen ein günstiger Boden, ihre Exporte dorthin zu steigern. Der europäische Binnenmarkt hat diese Möglichkeiten sicher noch vermehrt und garantiert. Überhaupt ist der europäische Binnenmarkt einer der Hauptantriebe für die relativ gute Konjunktur Deutschlands in den letzten Jahrzehnten gewesen.

Der deutsche ökonomische Egoismus, das Desinteresse am Gedeihen der Anderen, die Mentalität der Alleingänge (z.B. in der Energiepolitik) sind abstoßend.

Umgekehrt können die großen Schuldenmacher im Süden von Glück sagen, dass mit dem – bislang noch  – industriell starken Deutschland und anderen Nordstaaten (und mit deren im internationalen Vergleich geringeren Staatsverschuldung) immer noch ein starker Anker existiert hat für den Euro und die Finanzierung der europäischen Haushalte, der die Finanzströme mit ermöglicht hat. Sie sollten nicht zu sehr darauf drängen, dass die Reste finanzpolitischer Vorsicht, die sich im Norden noch zeigen, auch noch geschleift werden.

Aufgrund der unterschiedlichen nationalen geschichtlichen Hintergründe, der unterschiedlichen Kulturen und Massenmentalitäten werden die Unterschiede in kapitalistischer Effektivität, in kapitalistischer und staatlicher Organisiertheit und auch in der Verlässlichkeit der Staatsapparate und der politischen Repräsentanz noch lange sich bemerkbar machen.  In dieser Hinsicht kann der Süden Einiges sich abschauen – der Norden aber kann sich auch Einiges in anderer Hinsicht abschauen.  Man sagt z.B., dass die Nachbarschaftlichkeit im Süden, die informelle Solidarität in kleineren Gemeinschaften ein großer Vorzug seien. Man kann auch im Süden hart arbeiten, aber die Neigung, die eigene Existenz durch Arbeitseffektivität zu definieren, ist geringer; das bewahrt vor manchen Verkrampfungen.

Es gibt allerdings in der Tat italienische Missstände, die das ganze Land und die EU mit herunterziehen. Markantes Beispiel: die enorme Rolle der Organisierten Kriminalität in Italien und von dort ausstrahlend in andere Länder. Sie ist ein Schandfleck für die ganze EU. Offensichtlich ist der italienische Staat noch nie seit 1945 in der Lage gewesen, gegen dieses Phänomen wirksam vorzugehen, und weil das sich offensichtlich nicht ändert, ist die EU  nicht nur aufgerufen, sondern verpflichtet, in Zusammenarbeit mit den dazu fähigen Kräften Italiens, hier aktiv zu werden und einzugreifen. Für die Zeit nach Corona steht nicht nur eine von der EU unterstützte Verbesserung des italienischen  Gesundheitswesens an, sondern auch diese seit Jahrzehnten verschleppte Aufgabe. (Am Rande vermerkt: Als die USA im 2. Weltkrieg im Süden, in Sizilien landeten, um von hier aus das Land den italienischen und deutschen Faschisten abzunehmen, reinstallierten sie die dortige Mafia, die zuvor unter Mussolini ihre Macht weitgehend verloren hatte, als einen ihrer Bundesgenossen bei der Errichtung US-freundlicher Machtstrukturen. Ein weiteres spotlight: eine langjährige graue Eminenz der italienische Politik, der DC-Politiker und mehrfache Ministerpräsident G. Andreotti mit seinen guten Mafiakontakten und ihrer Nutzung für politische Zwecke).

Auf der anderen Seite hat Italien der übrigen EU und der Welt viel Positives beizusteuern. Die kulturellen Traditionen Italiens sind bis heute von großer Bedeutung. Durch die Jahrhunderte der Neuzeit hindurch hat Italien auf vielen wissenschaftlichen Gebieten, in verschiedenen Kunstgattungen und auch industriell immer wieder Welt-Spitzenleistungen hervorgebracht, auch wenn der italienische Staat, der erst im 19. Jahrhundert mehr schlecht als recht zusammengezimmert wurde, als solcher von Korruption, zeitweiligem Faschismus, Mafien, Klerikalismus und Klientelismus strukturell schwer beeinträchtigt war und noch immer ist.

Der deutsche Standardvorwurf einer exzessiven Schuldenwirtschaft an die italienische Adresse ist ziemlich hohl und zeugt von Arroganz. Denn die deutsche Ökonomie seit der Wiederherstellung der Einheit 1990 ff. ist  keineswegs durchgängig so solide und vorbildlich, wie sie sich selbst gern hinstellt. Damit sie in den vergangenen Jahrzehnten überhaupt so konkurrenzfähig sich entwickeln konnte, hat der deutsche Staat sich, nicht unähnlich anderen europäischen Staaten, hoch verschuldet. Im Prinzip ist er in derselben Lage: die Schulden sind längst so hoch, dass sie auf normalem Weg, durch die eigene Wirtschaftskraft, nie mehr getilgt werden können. Deutschland ist zwar bisher trotz dieser Tatsache noch immer etwas kreditwürdiger als andere – und das kultivieren deutsche Regierungen mit allen Kräften -, weil er im Vergleich mit anderen eben nicht ganz so dicht am Staatsbankrott steht und weil die wirtschaftliche Basis größer und leistungsfähiger ist als die irgendeines anderen Landes der EU.  Wie aber seine Renten in den nächsten Jahrzehnten finanziert werden sollen – um nur ein Beispiel zu nennen – ist gleichfalls völlig unklar, vielleicht sogar unsicherer als anderswo; was hier bisher Sozialstaat hieß und zur deutschen Effektivität zentral beigetragen hat, ist ein Auslaufmodell, wenn nicht heftigste Umbauten stattfinden.

Zur Überheblichkeit im europäischen Rahmen besteht nicht der geringste Grund.

Die Lösungen können nur gemeinsam gesucht werden. Nur in der gemeinsamen ökonomischen Sanierung und Konsolidierung können Auswege liegen. Dabei kann eine große Rolle spielen, dass mit der EU der weltgrößte Binnenmarkt existiert, der interne Riesenkräfte besitzt. Was steht im Wege, dass man EU-gemeinschaftlich, in ganz anderem Stil und ganz anderen Dimensionen als bisher, bspw. die schweren Defizite in Infrastrukturen, namentlich auch im Bildungsbereich angeht und  dafür die gemeinschaftlichen Ressourcen (die sind, wie gesagt, immens) mobilisiert? Was steht im Wege, dass man EU-gemeinschaftlich, vorausgesetzt die legitimierten politischen Kräfte Italiens wollen das ebenfalls, mit Ideen, fähigen Menschen, Kapital etc. aus der Gemeinschaft in großem Umfang beginnt, sich den jahrhundertelang verschleppten Modernitätsdefiziten des italienische Südens zu widmen? In einem solchen Falle dürfte man gespannt darauf schauen, wie sich verschiedene Kräfte, z.B. auch die katholische Kirche, vor allem aber die prinzipiellen Anwälte der Kraftlosigkeit der EU wie die USA und Russland, und wie sich die dort zentrierten internationalen Gangsterorganisationen dazu verhalten werden.

Ich bin nicht in der Lage, die unterschiedlichen jetzt vorgebrachten Vorschläge und die gerade geschlossenen Kompromisse für eine gemeinsamere Finanz- und Haushaltspolitik der EU zu beurteilen. Dass aber auf diesen Gebieten jetzt Neues und Größeres entstehen muss, und dass es komplementär mehr demokratischer Kontrolle bedarf über die Politik, die in Brüssel konzipiert wird, scheint mir unbestreitbar.

In Deutschland ist nach meinen Eindrücken ein größerer Teil der Bevölkerung sich bewusst, dass man die europäische Einheit entwickeln muss, dass die eigene Existenz davon abhängt, als dies bspw. in Italien der Fall zu sein scheint. Wenn in Italien politische Schaumschläger wie Salvini, die Lega, die Fünf Sterne, wenn politische und kulturelle Hohepriester der Verdummung wie Berlusconi die Klappen so groß aufreißen können wie das derzeit der Fall zu sein scheint, dann muss die europäische und insbesondere die deutsche Politik mit Verständnis und Kompromissbereitschaft gegenüber den italienischen Schwierigkeiten reagieren, die EU muss aber auch klarmachen, dass bestimmte Schwächen des italienischen Systems nicht tolerabel sind, und sie muss eine viel aktivere Aufklärung in der italienischen Bevölkerung  betreiben über deren Angewiesenheit, über aller Europäer Angewiesenheit auf die Bewahrung und Entwicklung der Gemeinsamkeit in Ökonomie und Politik.


 

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