Die Bundesärztekammer hat ihre Grundsätze zur Sterbebegleitung „in einschneidender Weise“ verändert

Zu dieser Bewertung kommt ein Artikel von Petra Gehring (Professorin für Philosophie an der TU Darmstadt), der bereits in der FAZ-Net v. 31.3.2011 zu lesen war, allerdings ziemlich versteckt.

http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~EDC0E06947D31471692DDC4D2AFA1533E~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Mehrere neue Formulierungen der „Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung“ der Bundesärztekammer in der Fassung v. 21.01.2011 laufen offenbar auf ein Mehr an Ermächtigungen für Ärzte hinaus, über Leben oder Tod von Patienten selbst zu entscheiden. Man lese die „Grundsätze“, die im Internet abrufbar sind, und die Analyse von Gehring.

Einen Meilenstein bei der Einschränkung der Lebensrechte von Patienten hat offenbar die Entscheidung des Bundesgerichtshofes v. 25.6.2010 gesetzt, s. meinen Beitrag dazu vom gleichen Datum („Bundesgerichtshof erleichtert willkürliche Tötungen“). In diesem Zuge hat die Bundesärztekammer sich anscheinend in der Lage gesehen, ihrerseits ihre „Grundsätze“, zuletzt geändert 2004, entsprechend zu verschlechtern.

Der wichtigste Hintergrund ist mE das Drängen des kapitalistischen Systems und seiner führenden Organe ( zu denen man durchaus auch Institutionen wie die Bundesärztekammer rechnen darf) auf „Entlastung“ von den gesellschaftlichen Verpflichtungen gegenüber Alten, Kranken und anderen Menschengruppen, die dem Kapital keinen Profit, sondern nur mehr Kosten versprechen. Während die Gesellschaft Milliarden, ja Billionen für fragwürdige Ökoprogramme aufzubringen hat, die dem Kapitalismus neue Profitchancen zu eröffnen scheinen, soll sie zur Gnadenlosigkeit gegenüber dem menschlichen Leben erzogen werden.

Gehring verweist darauf, daß die hessische Landesärztekammer immerhin gegen bestimmte Neuformulierungen der „Grundsätze“ Einspruch erhoben hat. Das ist anscheinend berechtigt, sicher aber bei weitem nicht genug. Es wäre besser, wenn in der Bevölkerung die Diskussion darüber eröffnet würde, ob in Zukunft die Jüngeren die Rolle der Mitwisser, ja vielleicht sogar der Mit-Treiber bei der vermehrten vorzeitigen Entsorgung ihrer eigenen Elterngeneration und anderer spielen wollen, zum Beispiel unter dem Slogan: wir können ihre Renten sowieso nicht mehr bezahlen. Dann muß aber auch die Frage aufs Tapet kommen, welche Verantwortung Kapitalismus und das kapitalistische politische System dafür tragen, daß das Land in einer derartige krasse demografische Lage gekommen ist, und was man derartigen fundamentalen Erpressungen politisch entgegensetzen kann. Wer Wiederbelebungen von so etwas wie der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ keinen Widerstand entgegensetzt, verliert jede moralische Substanz und vernichtet letztlich sich selbst.

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